Nach eskalierter Neonazi-Demo: Razzien gegen Rechte

Die Polizei durchsucht bundesweit Wohnungen von zwölf Rechtsextremen - darunter fünf Berliner. Sie sollen auf einem Aufzug in Kreuzberg Gegendemonstranten verprügelt haben.

Ein Ermittler trägt am Mittwoch Beweismaterial aus einer Wohnung in Friedrichsfelde. Bild: dapd

Schlag gegen rechte Schläger: Die Polizei hat am frühen Mittwochmorgen fünf Wohnungen von Berliner Neonazis durchsucht. Gleichzeitig fanden auch in Eilenburg und Chemnitz (Sachsen), im Nordharz (Sachsen-Anhalt) und in Ilmenau und Wolfsberg (Thüringen) Razzien statt. In Brandenburg betraf es eine Wohnung in Baruth/Mark (Teltow-Fläming).

Auslöser war eine Demonstration von 110 Rechten Mitte Mai am Mehringdamm in Kreuzberg. Rund 500 Gegendemonstranten hatten den geheim organisierten Aufzug spontan umzingelt. Die Polizei versuchte, die Neonazis durch einen U-Bahnsteig an den Blockierern vorbeizuführen, dabei überrannten die Rechten die Beamten und attackierten mit Schlägen und Tritten Gegendemonstranten. Vier Sitzblockierer erlitten Prellungen und Platzwunden. Auch 36 Polizisten wurden verletzt.

Die Polizei ermittelte nach den Attacken gegen zwölf Tatverdächtige zwischen 18 und 24 Jahren wegen gefährlicher Körperverletzung und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte. Die Durchsuchungen am Mittwoch dienten der Beweissicherung. In Berlin betraf dies Wohnungen in Friedrichsfelde, Rummelsburg, Rudow, Buckow und Tempelhof. Die Beamten stellten Kleidungsstücke, Computer und Speichermedien sicher. Daneben wurden Teleskopschlagstöcke, Sturmhauben, Quarzsandhandschuhe und ein Wurfstern beschlagnahmt. Die Polizisten machten Fotos von den Tatverdächtigen, bei denen diese aufgefundene Tatkleidung tragen mussten. Nach erkennungsdienstlicher Behandlung bei der Polizei durften sie wieder gehen.

Nach taz-Informationen befand sich unter den Durchsuchten auch ein 24-Jähriger, der dem Neonazi-Netzwerk "Nationaler Widerstand Berlin" (NW) zugerechnet wird. Auch der Anmelder der damaligen Demonstration, NPD-Landesvize Sebastian Schmidtke, gilt als Protagonist des NW Berlin. Schmidtke wollte sich zu den Razzien nicht äußern: "Das ist Sache der Ermittler und Richter." Die Demonstration unter dem Motto "Wahrheit macht frei" war Teil einer "Ausländer raus"-Kampagne des NW.

Nach den Neonazi-Übergriffen hatte es heftige parlamentarische Kritik an der Polizeitaktik und der Geheimhaltung des Aufzugs durch die Sicherheitsbehörden im Vorfeld gegeben. Innensenator Ehrhart Körting (SPD) verurteilte die Ausschreitungen als "Gewaltexzess". Die Polizei sprach von einem missglückten Einsatz. Antifa-Gruppen veröffentlichten nach den Ausschreitungen im Internet die Namen und Fotos von neun Rechten, die vermeintlich an den Übergriffen beteiligt waren. Darunter befanden sich vier Berliner Neonazis, zwei Ilmenauer sowie Männer aus Chemnitz, Eilenburg und Wasserleben im Nordharz.

Student Max, eines der Opfer der Prügelattacken, begrüßte das Vorgehen der Polizei. "Es ist erfreulich, dass die Ermittlungen nicht im Sande verlaufen."

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