Vorschlag zum Klimaschutzgesetz: Senatorin kann Energie sparen

Ein Bündnis aus Umweltgruppen und Wirtschaft stellt ein alternatives Modell vor. Die Verabschiedung des Gesetzes bis zur Wahl wird immer unwahrscheinlicher.

Solarzellen sollen bald mehr Berliner Dächer schmücken. Und sie wollen geputzt sein. Bild: AP

Während Umweltsenatorin Katrin Lompscher (Linkspartei) an der vierten Version ihres Klimaschutzgesetzes arbeitet, haben mehrere Verbände nun konkrete Inhalte eines alternativen Gesetzesentwurfs präsentiert. Die wesentlichen Unterschiede zur letzten Version von Lompscher: Die Klimaziele sind über einen Zeitraum von 20 Jahren formuliert und sollen - ähnlich wie bei der Umweltzone für den Straßenverkehr - schrittweise erreicht werden. Hausbesitzer sollen wählen können, mit welchen Strategien sie die Ziele erreichen: Ob sie Dämmen, die Energieeffizienz von Heizungsanlagen erhöhen oder auf erneuerbare Energien umsteigen. Ausnahmen soll es nur in Härtefällen geben, wenn die zu erwartenden Kosten die Einsparungen weit übersteigen.

Die Allianz der Verbände ist ungewöhnlich: Neben dem Landesverband des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) sind der Mieterverein und die Industrie und Handelskammer (IHK) dabei. Die Idee des von ihnen nun konkret ausgearbeiteten Stufenmodells wird auch von den Oppositionsfraktionen CDU, FDP und Grünen favorisiert.

"Natürlich gab es Stirnrunzeln", sagt IHK-Geschäftsführer Jan Eder zu der Zusammenarbeit mit Umwelt- und Mietervertretern. Doch Lompschers Entwurf ermögliche es Immobilienbesitzern beispielsweise nicht, mit individuellen Maßnahmen auf das Gesetz zu reagieren. "Bei Industriegebäuden stellt sich oft eher die Frage, wie man die Wärme aus dem Gebäude heraus bekommt." Solche Fragen seien im Senatsentwurf nicht berücksichtigt worden. Die Wirtschaft erhofft sich auch mehr Planungssicherheit: Während der Senatsentwurf vorsah, dass spätere Ziele mit Rechtsverordnungen definiert werden, sollen beim Stufenmodell gleich alle künftigen Ziele im Gesetz stehen.

In der ersten Stufe sollen ein jährlicher Energieverbrauch von 200 Kilowattstunden pro Quadratmeter das Ziel sein oder jährliche Emissionen von 75 Kilogramm CO2 pro Quadratmeter. In Fünfjahresschritten geht es dann weiter: 160 Kilowattstunden/60 Kilogramm; 120 Kilowattstunden/50 Kilogramm; 80 Kilowattstunden/36 Kilogramm. Diese Werte beziehen sich auf ein Wohngebäude mit mindesten 500 Quadratmeter Nutzfläche. Für kleinere oder freistehende Gebäude sollen 20 beziehungsweise 40 Prozent mehr erlaubt sein. Ein Härtefall würde eintreten, wenn die Mieterhöhung die Ersparnis um mehr als das 2,25-fache überschreiten würde.

Die drei Verbände nennen konkrete Zahlen: Sie wollen, dass die energetische Sanierung der Stadt in vier Schritten à fünf Jahren abläuft. Die erste Stufe sieht beispielsweise für Wohngebäude über 500 Quadratmeter Nutzfläche zwei alternative Ziele vor: Entweder der CO2-Ausstoß sinkt auf 75 Kilogramm pro Quadratmeter jährlich. Oder der Verbrauch liegt nicht über 200 Kilowattstunden pro Quadratmeter im Jahr. Ein unsaniertes Haus mit Ölheizung, so rechnet es BUND-Geschäftsführer Andreas Jarfe vor, müsse dafür seinen Energiebedarf um elf Prozent senken. "Das ist ein erster Einstieg, aber keine Überforderung." Die Autoren rechnen mit Kosten von insgesamt vier Milliarden Euro - die sich innerhalb von spätestens acht Jahren wieder amortisiert haben sollen.

"Zum kompletten Nulltarif gibt es ein Klimaschutzgesetz nicht", stellt Eder klar. Die klare Ansage ist auch ein Seitenhieb auf die SPD, die an Lompschers Entwürfen seit Anfang an eine zu hohe finanzielle Belastung für Mieter kritisiert. Reiner Wild, Geschäftsführer des Mietervereins, rechnet damit, dass die zusätzlich Kosten für Mieter letztlich unter einem Euro pro Quadratmeter und Monat liegen. Denn ein Teil der Sanierungskosten wird durch die Einsparungen bei den Nebenkosten wieder ausgeglichen. Die Kosten müssten aber durch eine höhere finanzielle Unterstützung von Beziehern von Arbeitslosengeld II und Wohngeldempfängern abgefedert werden, so die Forderung.

Die Verbände widersprechen ausdrücklich dem Vorwurf, Blockierer zu sein. "Wir wollen ein besseres Klimaschutzgesetz", sagt etwa Eber. Wild zweifelt daran, dass die Regierungsparteien überhaupt noch willens sind, sich zu einigen. Die Senatsverwaltung für Umwelt erklärte am Dienstag, dass eine Vorstellung des aktuellen Entwurfs kurz bevor stehe. "Wir liegen in den letzten Zügen", so eine Sprecherin.

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