Verfahren gegen mutmaßlichen Auto-Zündler: Staatsanwaltschaft versucht's noch mal

Die Staatsanwaltschaft wirft einem 25-Jährigen vor, einen Mercedes angezündet zu haben. Der Angeklagte bestreitet das. Die Beweise sind dürftig.

Wer hat's angezündet? Bild: dpa

Als der Angeklagte Niels V. den Gerichtssaal am Dienstag kurz nach ein Uhr verlässt, grüßt er seine Bekannten im Zuschauerbereich mit zwei Fingern. Kein Victoryzeichen, aber eine zuversichtliche Geste. Angeklagt ist der 25-jährige Niederländer vor dem Amtsgericht Tiergarten wegen Brandstiftung. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, am 12. Juni 2009 einen Mercedes der C-Klasse in der Kreuzberger Adalbertstraße angezündet zu haben. V. sieht sich zu Unrecht beschuldigt: "Ich erwarte, freigesprochen zu werden." Nach dem ersten Prozesstag darf er sich durchaus Hoffnungen machen.

In jener Nacht im Juni hatte ein Anwohner das brennende Auto bei der Polizei gemeldet. Zwei Zivilpolizisten in der Nähe des Tatorts wurden kurz darauf auf zwei junge Männer aufmerksam. Die beiden hätten sich unterwegs mehrfach umgedreht, sagte die 31-jährige Polizistin aus. Ihre "Berufserfahrung" hätte sie und ihren Kollegen veranlasst, die Verfolgung aufzunehmen. Der Beamte Oliver S. räumte jedoch ein: "Vielleicht haben sich die beiden auch umdreht, weil man viel Martinshorn gehört hat."

Nach Aussage der Beamten hätten sich die jungen Männer schließlich in einem Imbiss Pommes bestellt. Bei ihrer Überprüfung stellte einer der beiden Zivilpolizisten "weiße Anhaftungen" an der Jacke von V. fest. Er habe die Rückstände durch eine Riechprobe als Grillanzünder identifiziert, erklärte Oliver S. Verdächtig sei zudem gewesen, dass V. versucht habe, die Substanz abzuwischen.

Grillanzünder ist laut Anklageschrift die Brandursache. In seiner Stellungnahme am Anfang des Prozesses sagte der Angeklagte V. dazu: "Macht es mich zum Brandstifter, wenn ich mit Kohle heize?" In seiner damaligen Unterkunft in Potsdam wurde mit Kohle geheizt.

Ursprünglich hatte das Amtsgericht den Prozess gegen V. gar nicht eröffnen wollen. Erst auf Beschwerde der Staatsanwaltschaft kam es dazu. Der Angeklagte, der bereits nach Holland zurückgekehrt war, wurde zur Fahndung ausgeschrieben und stellte sich. Er befindet sich seit drei Wochen in Untersuchungshaft. Das Verfahren gegen seinen Begleiter wurde indes nicht eröffnet. Der 19-jährige Abiturient aus München war zum Prozess als Zeuge geladen, machte aber keine detaillierte Aussage.

In den vergangenen Jahren wurden mehrere hundert Autos abgefackelt - laut Polizei rund die Hälfte davon aus politischen Motiven. Die Staatsanwaltschaft hatte mehrere Verfahren gegen Verdächtige angestrengt, es kam aber nie zu einer Verurteilung. Trotzdem mussten die Angeklagten teilweise Monate in Untersuchungshaft verbringen.

Auch V. sieht sich als Justizopfer. Seine Anklage sei "ohne hinreichende Beweise" entstanden. Vielmehr solle an ihm ein "Exempel statuiert" werden. Der Prozess wird am 28. September fortgesetzt.

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