Rechtextreme: Systematische Morddrohungen

Vor der Dresden-Demo griffen Nazis linke Projekte an. Nun senden sie Drohbriefe.

Neonazis auf der Demo in Dresden am 13. Februar. Bild: AP

Die jüngsten Anschläge auf linke Projekte dienten der Neonazi-Szene offenbar als Vorbereitung auf den Aufmarsch am 13. Februar in Dresden. Zu diesem Schluss kamen am Montag Teilnehmer eines Treffens von alternativen Projekten und Antifa-Gruppen. Ende Januar hatten Unbekannte in mehreren Stadtteilen linke Wohnprojekte und Jugendclubs angegriffen. Dem Büro der Grünen in Neukölln wurde "Dresden 45 unvergessen" auf die Rollläden gesprüht. "Wir gehen davon aus, dass es gezielte Aktionen der Neonazis waren", sagte Martin Sonneburg, Sprecher der North East Antifa.

An aufeinander folgenden Tagen waren in der letzten Januarwoche der Jugendclub Bunte Kuh und das Kulturzentrum Kubiz in Weißensee beschädigt worden. In Neukölln wurden Schaufenster der Olga Benario Galerie und der Chile Freundschaftsgesellschaft eingeschlagen, in Wedding wurde ein linkes Wohnprojekt beschmiert.

Mit wenigen Ausnahmen waren die Adressen der Projekte im vergangenen Jahr auf einer Neonazi-Internetseite veröffentlicht worden. "Wir hoffen, diese Informationen sind für euch im praktischen Sinne effektiv", wurden die Leser ermuntert, beispielsweise zum Verschicken von "kreativen Nachbarschaftsgeschenken". "Deshalb gehen wir davon aus, dass auch die Anschläge, die wir nicht eindeutig zuordnen können, von Neonazis verübt wurden", sagte Sonneburg.

Die Drohbriefe, die in den vergangenen Tagen an Nazi-Gegner verschickt wurden, seien als "Nachwehen" zu bewerten. Nach Auskunft des Mobilen Beratungsteams Rechtsextremismus (MBR) wurden Unterstützer der Demonstration gegen den Neonazi-Aufmarsch in Dresden bedroht, darunter auch Politiker der Linkspartei. Ein "Kommando 13. Feb" schrieb ihnen: "Dein Leben interessiert uns brennend". "Es handelt sich hier um systematische Morddrohungen, die oft persönlich adressiert wurden", sagte die Leiterin des MBR, Bianca Klose. "Wir raten allen Betroffenen zu einer Anzeige."

Sowohl die Anschläge als auch die Drohbriefe wertete sie als Zeichen einer erfolg- und strukturlosen Neonazi-Szene in Berlin. "Die Szene greift zu radikaleren Mitteln, verübt anonyme Anschläge oder bedroht hinterrücks demokratisch engagierte Menschen", sagte Klose. Auch Antifa-Sprecher Sonneburg führt die Aktionen auf eine geschwächte Szene zurück: "Viele aktionsorientierte Nazis sind im Gefängnis, es gibt einfach nicht genug Leute für Größeres." Da auch in der kommenden Zeit mit Angriffen zu rechnen sei, will das Netzwerk aus alternativen Projekten und Antifa-Gruppen eine Chronik der Anschläge herausgeben. Mit einer Poster- und Flyer-Aktion wollen sie sich an Nachbarn wenden und um Aufmerksamkeit bitten.

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