Kommentar zu Fahrradfahrern: Verkehr ist kein Wettkampf

Mittel und Wege sind wichtig. Aber eine Fahrradstadt braucht auch eine Radfahrkultur.

An einem Sommernachmittag in Kreuzberg. Skalitzer Ecke Oranienstraße. Eine Radfahrerin wartet an der Ampel. Die schaltet auf Grün, die Frau fährt los. Als sie wenige Meter zurückgelegt hat, kracht ein Rennradfahrer seitlich in ihr Gefährt und landet nach einem Überschlag auf dem Asphalt. Ganz offensichtlich ist er mit Schmackes über eine Ampel gerauscht, die längst Rot zeigte. Glück gehabt: Verletzt ist niemand, nur das Hinterrad der Frau hat eine Acht.

Wer mit offenen Augen durch die Stadt radelt, wird solche Szenen öfters erleben, auch wenn sie nicht immer so spektakulär enden. Andere Fahrer - übrigens so gut wie immer Männer - überholen rechts, auf Tuchfühlung, rasen an denen vorbei, die vor roten Ampeln stehen bleiben, kommen einem mitten auf dem Radweg entgegen. Nachts gerne auch ohne Licht.

Es ist nicht bekannt, ob der tödliche Unfall auf der Mühlenstraße einer Rücksichtslosigkeit geschuldet war. Wenn sich ein solcher Verdacht aber unwillkürlich aufdrängt, liegt das an einer Radfahrkultur, die mit konstant wachsendem Velo-Aufkommen eher abnimmt. Manche Menschen in dieser Stadt fahren Rad, als wäre es ein Motocross-Rennen. Nur dass es für ein Motorrad nicht gereicht hat - und dass Verkehr verdammt noch mal kein Wettkampf ist.

Damit kein Missverständnis aufkommt: Die Sorge der Radfahrer gilt völlig zu Recht der defizitären Infrastruktur und der Gefahr, die an Kreuzungen von Pkws und Lastwagen ausgeht. Es geht auch nicht um noch mehr Regeln. Es geht um Rücksichtnahme und um Empathie.

Sicher: Radfahren soll Spaß machen und effizient sein. Schnelligkeit ist nicht verboten. Wo Fahrweisen aber andere gefährden, hört der Spaß auf.

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