Untersuchungsausschuss Spreedreieck: Versagt, versenkt, verschleiert

Transparency International zieht Bilanz des Untersuchungsausschusses und rechnet mit dem Senat ab. Bessere öffentliche Kontrolle von Bauprojekten gefordert.

Zum zweijährigen "Jubiläum" des parlamentarischen Untersuchungsausschusses "Spreedreieck" hat die Antikorruptionsorganisation Transparency International Deutschland (TI) am Dienstag eine Bilanz von dessen Arbeit gezogen und politische Konsequenzen gefordert. Außerdem legte TI Empfehlungen vor, wie zukünftig städtische Bauprojekte besser kontrolliert "und damit möglichem korruptiven Handeln" entzogen werden könnten. Bis Ende des Jahres soll der Untersuchungsausschuss seinen Bericht vorlegen. TI hat von Beginn an das Gremium kritisch begleitet.

"Ich denke, dass trotz vieler offener Fragen der Ausschuss gut war", sagte TI-Vorstandsmitglied Jochem Bäumel am Dienstag. Klar sei nun: Nach dem Verkauf des Grundstücks am Bahnhof Friedrichstraße im Jahr 2000 an den Hamburger Investor Harm Müller-Speer seien vom Senat und den zuständigen Bau- und Finanzbehörden jahrelang "schwerwiegende Fehler gemacht" worden. Bäumel: "Das Spreedreieck ist ein Beispiel für systematisches Versagen."

Zugleich hätten die zuständigen Senatsmitglieder "unzulässig" und "intransparent" gehandelt. Insbesondere Bausenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) habe "versagt", weil sie die Überschreitungen gesetzlicher Vorschriften und für Berlin schlechte vertragliche Vereinbarungen mit Müller-Spreer "akzeptierte", so Bäumer. Es sei für TI schwer begreiflich, dass "weitere personelle Konsequenzen" - gemeint ist Junge-Reyer samt ihre Behörde - nicht getroffen wurden. Zudem sei problematisch, wie sich der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) vor die Senatorin gestellt habe.

Bäumer und TI-Geschäftsführer Christian Humborg erinnerten daran, dass Berlin das Grundstück schon unter Wert für 17,2 Millionen Euro (statt 34 Millionen Euro) an Müller-Spreer verkauft hatte. Als dieser drohte, den Vertrag platzen zu lassen, ließ der damalige SPD-Finanzsenator Thilo Sarrazin dem Investor 8,5 Millionen Euro der Kaufsumme "zur Schadensbegrenzung" nach. 2004 gestattete Junge-Reyer - ohne Planungsgrundlage - Müller-Spreer, am Spreedreieck höher zu bauen. Weil Nachbarn wegen möglicher Verschattung klagen, entschädigte sie der Senat später mit 4 Millionen Euro. Dem Land sei, so Transparency, ein finanzieller Verlust von "mindestens 12,5 Millionen Euro" entstanden. Das grüne Mitglied des Untersuchungsausschusses Jochen Esser beziffert den Schaden weit höher: Mehr als 20 Millionen Euro soll Berlin verloren haben.

Um "den genauen Schaden beziffern zu können" fordert TI jetzt, den unter Verschluss gehaltenen Bericht des Rechnungshofs zum Spreedreieck "endlich zu veröffentlichen". Man gewinne sonst den Eindruck, dass "hier etwas verschleiert werden soll", kritisierte Bäumel.

Damit sich zukünftig solche "Skandale" nicht wiederholen, empfiehlt TI einen "neuen Umgang" mit städtischen Bauprojekten. Alle Aufträge und Akten müssten für das Parlament jederzeit einsehbar sein, so Bäumel. Städtebauliche Verträge sollten "komplett offen" ausgelegt, Baugenehmigungen nur nach rechtlicher Abstimmung erteilt werden. Und sollte es doch zur Untersuchung kommen, müsste der Ausschuss-Vorsitzende "zur Neutralität" verpflichtet werden.

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