Recht auf Schulbesuch für Flüchtlinge: Verschlossene Türen

Der Marzahner Bildungsstadtrat stellt das Recht auf Schule für Flüchtlingskinder in Frage.

Die Diskussion um ein Recht auf Schule für Flüchtlingskinder geht weiter. Stefan Komoß, Bildungsstadtrat in Marzahn-Hellersdorf und Sozialdemokrat, fordert im Gespräch mit der taz: "Wir brauchen eine politische Diskussion, ob Kinder, die nicht auf Dauer in Berlin bleiben, dieselbe Bildung brauchen wie Kinder, die auf Dauer hier leben."

Komoß Forderung zielt auf Asylbewerberkinder aus Serbien und Mazedonien. "Sie haben im Asylverfahren nur geringe Chancen und sie werden Berlin nach kurzer Zeit wieder verlassen." Für Komoß stellt sich die Frage, ob diese Kinder "wegen der kurzen Zeit, die sie in Berlin bleiben", überhaupt in eine Regelschule integriert werden sollten oder "ob es nicht sinnvoller ist, wenn sie in separaten Schulen lediglich Deutsch lernen oder etwas lernen, was sie in ihrer Heimat brauchen".

Seit Monaten steigt die Zahl von Flüchtlingen in Berlin wieder an, mangels Wohnraum müssen viele in Übergangsheimen untergebracht werden. Die Schulen im Umfeld der Heime fühlen sich nun von der zunehmenden Zahl von Kindern ohne Deutschkenntnisse überfordert; einige verwehren ihnen daher aus Kapazitätsgründen den Schulbesuch (die taz berichtete).

Auch die steigende Zahl von Romakindern aus EU-Staaten ohne deutsche Sprachkenntnisse scheint in manchen Schulen zu Problemen zu führen - zumal 2004 die Integrationsklassen abgeschafft wurden, in denen neu eingereiste Schüler ein Jahr lang separat Unterricht erhielten und hauptsächlich Deutsch lernten

In Marzahn-Hellersdorf liegen zwei dieser neuen Sammelunterkünfte für Asylbewerber. Nach Komoß Angaben stammten die Bewohner mehrheitlich aus Serbien und Mazedonien. Rund 50 Kinder aus diesen Heimen seien schulpflichtig. Anders als in Spandau, Steglitz-Zehlendorf und Tempelhof-Schöneberg wurden sie in Marzahn bisher alle in eine Schule aufgenommen.

Noch. Denn Komoß liegen schriftliche Klagen von Schulleitern vor, dass die Kapazitäten erreicht seien. "Die Schulen in der Nähe der Heime schlagen Alarm. Eine Schule hat in den vergangenen vier Wochen zehn neue Schüler aufgenommen und arbeitet gerade erneut zehn Anmeldungen ab."

Der Bildungsstadtrat lässt derzeit von den Schulen statistisch erfassen, wie lange Asylbewerberkinder in den Schulen in der Nähe der Sammelunterkünfte bleiben. Mit dem statistischen Material will er auf Landesebene eine Diskussion darüber anstoßen, wie viel Bildung für Asylbewerberkinder sinnvoll sei.

Flüchtlingsratssprecher Walid Chahrour reagiert verärgert auf den Vorstoß. "Der Stadtrat sollte sich mal mit dem Schulgesetz und der politischen Diskussion in den letzten 20 Jahren beschäftigen, bevor er solchen Unsinn fordert", sagt er. Werde ein Asylantrag abgelehnt, heiße das nicht, dass der Antragsteller am nächsten Tag ausreist. Und meldet sich ein Kind aus der Schule in der Nähe der Sammelunterkunft ab, muss es nicht in das Herkunftsland zurückgekehrt sein. "Er kann auch in einem anderen Bezirk eine Wohnung bekommen haben und dort zur Schule gehen."

Derweil unterstützt der Flüchtlingsrat Familien in Tempelhof-Schöneberg, ihr Recht auf Schulbildung einzuklagen. Dort werden Kinder von Asylbewerbern mit Verweis auf knappe Kapazitäten vom Schulbesuch ausgeschlossen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.