Die Zukunft des Kunsthaus Tacheles: Versteigern als Chance

Das Tacheles kommt Anfang April unter den Hammer. Die Künstler schreckt das nicht, sie hoffen auf einen Neuanfang - und dass die drohende Räumung ausbleibt.

Kommt unter den Hammer: Das Tacheles. Bild: dapd

"Optimistisch" sei die Stimmung im Haus, sagt Linda Cerna, Sprecherin des Tacheles e. V. "Energievoll", fügt sie hinzu. Am 4. April soll das Kunsthaus in Mitte zwangsversteigert werden. Die dort werkelnden Künstler schreckt das nicht. "Jetzt bietet sich die Chance, dass endlich eine Lösung für uns gefunden wird", so Cerna.

Der Optimismus hat einen weiteren Grund: Eine Räumung des Tacheles steht demnächst wohl nicht an. Gebannt ist die Gefahr zwar nicht: Das im August 2009 eingeleitete Räumungsverfahren laufe weiter, teilte ein Sprecher der Berliner Zivilgerichte mit. Ihm sei aber nicht bekannt, dass demnächst ein Vollzug geplant sei. Tacheles-Sprecherin Cerna ist hoffnungsvoll: "Wir gehen erst mal nicht von einer Räumung aus." Mit der Versteigerung sei es wieder wahrscheinlich, den Ort als öffentliche Kulturstätte zu erhalten und die "erfolgreiche Arbeit" fortzusetzen. Das Tacheles erfreut sich vor allem bei Touristen großer Beliebtheit. Die Künstler allerdings sind heillos zerstritten.

Vergangene Woche hatte das Amtsgericht Mitte die Zwangsversteigerung des Tacheles am 4. April bekannt gegeben. Der Eigentümer, die Fundus Gruppe, war bereits 2007 insolvent gegangen. Die HSH Nordbank übernahm das Gelände als Zwangsverwalter und beschloss die Versteigerung. Den 2008 abgelaufenen Mietvertrag mit den Hausbenutzern verlängerte sie nicht; stattdessen beantragte die Bank das Räumungsverfahren. "Der konkrete Vollzug liegt nicht mehr in unserer Hand", sagt Gesine Dähn, Sprecherin der HSH Nordbank. Früher war aus Kreisen der Bank allerdings verlautet, dass eine Versteigerung nur erfolgversprechend sei, wenn das Haus geräumt sei.

Das weit über die Grenzen Berlins hinaus bekannte Kunsthaus zieht jährlich mehr als 300.000 Besucher an. Es beherbergt Ateliers, ein Kino sowie Lokale. Die Kaufhausruine an der Oranienburger Straße war 1990 von einer Künstlerinitiative besetzt worden. Später wurden Mietverträge abgeschlossen, die mittlerweile aber ausgelaufen sind.

Im vergangenen Jahr gab es mehrmals Demonstrationen für den Erhalt des Kunsthauses.

Nutzer und Unterstützer des Tacheles hatten wiederholt gegen eine Räumung protestiert. Auch der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) fordert seit Längerem, auf eine Räumung zu verzichten. "Das wäre für alle Seiten kontraproduktiv", betont dessen kulturpolitischer Sprecher Torsten Wöhlert. Nach der Versteigerung im April werde sich Wowereit umgehend mit dem neuen Eigentümer zusammensetzen. "Wir haben gute Karten, das Haus als Kunstort zu erhalten", so Wöhlert. Das Tacheles ist denkmalgeschützt, der Bebauungsplan legt das Haus als Kulturort fest.

Die HSH Nordbank spricht unterdessen von "mehreren Interessenten" an dem 25.300 Quadratmeter großen Tacheles-Gelände, wovon das Kunsthaus lediglich 1.250 Quadratmeter einnimmt. Das Amtsgericht berechnet für das Areal einen Wert von 35,1 Millionen Euro. Die Tacheles-Nutzer fordern, das Kunsthaus vom Gesamtgelände abzutrennen; erwerben solle es das Land oder eine öffentlichen Stiftung. Diese Option weist Nordbank-Sprecherin Dähn allerdings zurück. "Den bisherigen Rückmeldungen nach gibt es nur Interesse an einem Gesamterwerb", sagte sie der taz.

So oder so wird im Tacheles erst mal gefeiert: mit einem Festival am 13. Februar zum 21. Geburtstag des 1990 besetzten Hauses.

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