Sicherheit auf U-Bahnhöfen: Wowereit auf CDU-Kurs

Der Regierende Bürgermeister verspricht zusätzliche Polizisten und Sicherheitsleute sowie mehr Videoüberwachung bei der BVG.

Konnte bislang selten Gewalt verhindern: Notrufsäule auf dem U-Bahnhof. Bild: dpa

200 neue Polizisten, ebenso viele zusätzliche Sicherheitsleute bei den landeseigenen Berliner Verkehrsbetrieben (BVG), verbesserte Überwachungstechnik, längere Speicherung von Videoaufzeichnungen: So wollen der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD), Polizei und die Polizeigewerkschaft BGV auf die brutalen Überfälle in U-Bahnhöfen reagieren.Wowereit schränkte bei einer gemeinsamen Pressekonferenz aber ein: "Das ist ein Mehr an Sicherheit, das ist aber keine absolute Sicherheit."

Die Opposition warf ihm vor, zu spät zu handeln. Bislang hatte allein die CDU in ihrem Programm zur Abgeordnetenhauswahl am 18. September mehr Polizisten gefordert. In den vergangenen Monaten hatten junge Männer mehrfach wartende Fahrgäste in U-Bahnhöfen brutal verprügelt und dabei fast getötet. Die erste aufsehenerregende Schlägerei gab es Anfang Februar in Lichtenberg, die bislang letzten Attacken im April in den Bahnhöfen Friedrichstraße und Amrumer Straße. Bislang hatten sich die Reaktionen des Senats weitgehend darauf beschränkt, auf rückläufige Entwicklungen in der Kriminalitätsstatistik zu verweisen. Demnach nimmt die Gewalt in öffentlichen Verkehrsmitteln seit Jahren ab.

Die Wahrnehmung in der Berliner Bevölkerung ist anders. Laut einer neuen repräsentativen Umfrage hat jede zweite Frau Angst in der U-Bahn. Bei den Männern fürchtet sich mehr als ein Drittel. Bedroht fühlen sich nicht etwa nur ältere Menschen, sondern auch 18- bis 24-Jährige.

Die 200 angekündigten Polizisten stehen allerdings nicht kurzfristig zur Verfügung: Dieses und nächstes Jahr gibt es jeweils 100 zusätzliche Polizei-Azubis. Laut Polizeipräsident Dieter Glietsch können sie ab Herbst 2013 beziehungsweise 2014 Streife laufen. Als unbefristete Zwischenlösung soll ab sofort die 60 Beamte starke Einsatzreserve der Polizei auf den Bahnhöfen unterwegs sein.

Die 200 zusätzlichen Mitarbeiter der BVG sollen schneller verfügbar sein. In der Sicherheitsleitstelle des Unternehmens sollen zudem künftig doppelt so viele Leute wie bisher arbeiten und über Bahnhofslautsprecher Gewalttäter und Randalierer ansprechen. "Das ist so ein bisschen ,Big brother is watching you', aber das wird einen abschreckenden Effekt haben", sagte BVG-Chefin Sigrid Nikutta. Die Kosten will die BVG nicht mit höheren Fahrpreisen ausgleichen. Stattdessen ist ein höheren Zuschuss aus dem Landeshaushalt vorgesehen. Die S-Bahn ist nicht Teil des Sicherheitskonzepts, was Wowereit damit begründete, dass für die S-Bahn die Bundespolizei zuständig sei.

Grüne und CDU hatten über die Gewalt in den U-Bahnhöfen am gestrigen Donnerstag im Abgeordnetenhaus in der Aktuellen Stunde reden wollen, SPD und Linkspartei hielten ihr eigenes Thema für aktueller: den bereits im Januar vorgestellten Familienbericht. Für Grüne wie Union ist das neue Sicherheitskonzept ein richtiger, aber verspäteter Schritt, der viel mit dem nahen Wahltermin zu tun hat. CDU-Innenpolitiker Robbin Juhnke sah Wowereit auf Kurs seiner Partei: "Wir begrüßen, dass damit Teile des Wahlprogramms der CDU schon vor dem 18. September umgesetzt werden." Die Union verspricht darin, bei einem Wahlerfolg 250 neue Polizisten einzustellen. SPD, Linkspartei und Grüne hingegen gehen in ihren Programmen nicht über die bisherigen rund 16.000 hinaus.

Der von Wowereit angekündigte Gesetzentwurf zur längeren Videospeicherung hat in der rot-roten Koalition allerdings noch keine einhellige Unterstützung. Der Fraktionschef der Linkspartei, Udo Wolf, äußerte sich sehr skeptisch: Derartige Aufzeichnungen seien "aus Datenschutzgründen fragwürdig".

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