ausstellung über zwangsarbeit bei bosch
: „Wir waren für sie Roboter“

Wanda Zatryb war 17 Jahre alt, als sie 1944 in die Rüstungsfabrik Dreilinden in Kleinmachnow kam. „Wir haben dort in Zehnstundenschichten rund um die Uhr arbeiten müssen“, berichtet sie. Untergebracht waren die insgesamt 800 Frauen im Keller der Fabrik. „Ohne Fenster und Tageslicht, mit nur einer dünnen Kartoffelsuppe zu essen.“

Wanda Zatryb gehörte zu einem Transport aus dem Frauen-KZ Ravensbrück, mit dem 1944 junge Polinnen nach Kleinmachnow gebracht wurden. Im Werk Dreilinden stellten die Frauen Einspritzpumpen und Lichtmaschinen für die Flugzeugproduktion her. „Beim Arbeiten wurden wir wie Roboter behandelt und nicht wie Menschen. Es war schrecklich“, so Zatryb. Die Fabrik lag in einem Waldstück. Sie war von einem Stacheldrahtverhau umgeben, der unter Strom stand.

Wanda Zatryb ist eine von 50 Frauen, deren Geschichte in einer neuen Ausstellung des Dokumentationszentrums NS-Zwangsarbeit in Schöneweide erzählt wird. Angela Martin, Mitarbeiterin des Zentrums, hat die Zeitzeuginnen ermittelt und mit ihnen Interviews geführt. Weiße Tafeln an den Wänden der Ausstellung geben Zitate aus diesen Interviews wieder. Sie legen ein beredtes Zeugnis ab von der Vertreibung aus Polen, Inhaftierung und Ausnutzung der Frauen in der Rüstungsindustrie der Nationalsozialisten. „Es reichte, aus Polen zu sein“, zitiert eine Tafel die Lagerinsassin Maria Pawlicka. Ausgestellt werden zudem Pläne des Lagers, Gebrauchsgegenstände der Zwangsarbeiterinnen und Informationen zur Zwangsarbeit im gesamten Deutschen Reich.

Dass heute Besucher die Geschichte von Wanda Zatryb nachvollziehen können, ist einem Zufall zu verdanken. Erst 1993 fand der Ingenieur Rudolf Mach Spuren des Lagers. Im Auftrag des Landes hatte er eine Mülldeponie in Kleinmachnow nahe des Stahnsdorfer Damms untersucht. Dabei stieß er auf Reste einer Fabrikhalle. Es war jene Halle, unter der Wanda Zatryb im Keller leben musste. Seine Neugier ließ ihn weiterforschen. Das Ergebnis: Die Überreste gehörten zur Bosch-Fabrik Dreilinden mit seinem Zwangsarbeiterlager.

Der Firmengründer Robert Bosch, der 1942 starb, unterstützte zwar den Widerstand gegen Hitler. Das hinderte seinen Konzern jedoch nicht daran, Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen auszunutzen. „Bis zum Jahr 2000 hatten wir Probleme, an Material aus dem Konzernarchiv zu kommen. Das hat sich später zum Glück geändert“, erklärte Angela Martin. „Wir freuen uns, dass Bosch uns finanziell unterstützt und uns Archivmaterial zur Verfügung gestellt hat.“

Dreilinden selbst war eine sogenannte Schattenfabrik. Diese lagen vor allem in dichten Waldgebieten, damit sie von der alliierten Luftwaffe nicht so leicht ausgemacht werden konnten. Unter strengster Geheimhaltung war die Fabrik 1934 gebaut worden.

In Kleinmachnow sind keine Spuren des Lagers mehr zu finden, das Gelände ist überbaut. Wo sich einst das Eingangsgebäude der Fabrik befand, steht heute das Julius-Kühn-Institut, das Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen. NORMAN SEIBERT

Die Ausstellung ist noch bis zum 18. Mai 2008 im Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit, Britzer Straße 5, in Schöneweide zu sehen