Keine Profite mit der Miete

Am Samstag wird in Berlin und bundesweit in sieben weiteren Städten gegen steigende Mieten und Verdrängung demonstriert – Motto: „Die Stadt gehört allen!“

■ Samstag, 28. September

■ Start: 14 Uhr, Lausitzer Platz

■ Motto: Burasi kimin Berlin? – Whose Berlin? – Wem gehört Berlin? – Gegen den Ausverkauf Berlins!

www.keineprofitemitdermiete.org

Die CDU hat die Bundestagswahl deutlich gewonnen. Noch ist unklar, mit wem sie künftig regieren wird. Egal, wer es sein wird, spannend bleibt, wie die neu gewählte Regierung mit der Mietpreisexplosion und der Wohnungsnot in den Großstädten umgehen wird. Im Wahlprogramm hat die CDU immerhin verlauten lassen, dass ausreichender und bezahlbarer Wohnraum „in ansprechender Qualität“ ein wichtiges Ziel ihrer Politik sei. Die Leistungen des Wohngelds sollen verbessert und mehr bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden. Auch die SPD hat versucht, sich im Wahlkampf als Partei der MieterInnen zu profilieren. Im Wahlprogramm wird eine Obergrenze für Mieterhöhungen bei Wiedervermietungen von maximal 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete gefordert.

Das klingt erst mal nicht schlecht. Doch wie so oft wird sich erst noch zeigen, ob den vielen schönen Worten auch Taten folgen werden. Die neue Bewegung der MieterInnen scheint nicht lange warten zu wollen. Schon knapp eine Woche nach der Wahl mobilisiert das Bündnis „Keine Profite mit der Miete“ für diesen Samstag zu einem bundesweiten Aktionstag gegen steigende Mieten und Verdrängung. Demonstrationen in acht Städten sind geplant, unter anderem in Köln, Hamburg, Freiburg und Frankfurt am Main. In ihrem Aufruf verlangt das Bündnis von der Politik, Wohnraum zu kommunalisieren, statt zu verkaufen, leer stehende Gebäude und Brachen in Wohnraum umzuwandeln und Zwangsumzüge und -räumungen zu stoppen. 6.000 Zwangsräumungen hat das Bündnis im vergangenen Jahr gezählt.

Auch in Berlin geht es am Samstag auf die Straße. Die Freiraum-Kampagne „Wir bleiben alle“, das Kiez-Ini-Netzwerk „stadtvernetzt“, der S-Bahn-Tisch, der Energietisch, der Wassertisch und viele andere Gruppen rufen zu einer Aktionsdemo auf. Das Motto lautet: „Wem gehört Berlin?“. Start ist um 14 Uhr auf dem Lausitzer Platz. Anders als auf gewöhnlichen Latschdemos sind am Rande der Route verschiedene Aktionen wie Theaterperformances geplant. Die Berliner AktivistInnen haben zu den Forderungen des bundesweiten Bündnisses weitere hinzugefügt: So verlangen sie, die Wasserversorgung wieder zu vergesellschaften, die S-Bahn nicht zu verkaufen, den Bau der A 100 zu stoppen und Asylsuchenden mehr Rechte einzuräumen. „Auch bei Energieversorgung, öffentlichem Personennahverkehr, kulturellen und alternativen Projekten geht es letztlich immer um dieselbe Frage: Wem gehört die Stadt? Unsere Antwort: den Bewohnerinnen und Bewohnern!“, sagt Lea Voigt vom Vorbereitungskreis der Demonstration.

Das Bündnis „Keine Profite mit der Miete“ existiert seit Anfang des Jahres. Nachdem die Bewegung vor allem lokal aktiv gewesen war, wollte man sich zusammenschließen, um eine größere Öffentlichkeit anzusprechen und die eigene Position zu stärken. Da die großen Wohnungsunternehmen zum Teil bundesweit agieren, braucht es eine Plattform, um auch den Widerstand bundesweit zu koordinieren. Auch soll so mehr Druck auf die Bundespolitik ausgeübt werden. Im Bündnis vertreten sind unter anderem MieterInnen-Initiativen, soziale Projekte und GegnerInnen von Großprojekten wie der A 100 in Berlin. Am Anfang des Bündnisses standen drei zeitgleiche Demonstrationen im November 2012 in Hamburg, Berlin und Freiburg. Im Juni dieses Jahres folgte dann eine bundesweite Aktionswoche. „Die Städte dürfen nicht nur von Menschen gestaltet werden, die Geld haben“, sagt Enrico von der Kampagne „Wir bleiben alle!“.

Die AktivistInnen ziehen nach knapp einem Jahr Bündnisarbeit ein positives Fazit. Zwar sei einiges noch holprig, dennoch organisiere man sich immer besser und es gebe einen regen Austausch. Für Gruppen aus Berlin sei das Bündnis zu einer guten Anlaufstelle geworden, in der man sich treffen, koordinieren und gemeinsame Positionen absprechen könne. Das sei besonders bei Themen von Vorteil, wo es konträre Meinungen innerhalb der Bewegung gebe. Etwa beim Tempelhofer Flugfeld, wo die Frage des sozialen Wohnungsbaus dem Volksbegehren „100 % Tempelhofer Feld“ entgegensteht. Das Volksbegehren richtet sich ganz grundsätzlich gegen eine Bebauung.

Noch ist nicht klar, wie es in Zukunft weitergehen wird. Der Aktionstag sei ein wichtiger Prüfstein für die weitere Arbeit, sagt Enrico. Zunächst solle der Aktionstag ausgewertet werden, erst dann werde man das weitere Vorgehen beraten. Auch ein Bündnis in Berlin zu etablieren sei denkbar, um die Arbeit auch hier zu verstetigen. Auf jeden Fall aber wollen die AktivistInnen den politischen Druck weiter aufrechterhalten. Zwar sei es gut, dass alle Parteien jetzt stärker über das Thema redeten. Insgesamt habe man aber das Gefühl, dass die Probleme ausgesessen werden. Das sei ein Problem: Schließlich verschärfe sich die Entwicklung mehr und mehr. „Der Druck steigt“, sagt Enrico.

LUKAS DUBRO