Auf nach Mittelerde

KINO Der Tolkien-Stammtisch freut sich auf den „Hobbit“, Teil 2

„Ich bin ein Nerd, und ich find’s gut“

TOLKIEN-FAN TINA

Dies ist eine besondere Woche für Fans von J. R. R. Tolkien, dem Autor des „Herrn der Ringe“ und des „Hobbit“. Der zweite Teil des „Hobbit“ kommt am Donnerstag in die Kinos, bereits am heutigen Montag wird die Europapremiere der Verfilmung am Potsdamer Platz gefeiert. Die wird sich auch Tina, Ende 20, Studentin, nicht entgehen lassen. Sie ist Mitglied des Berliner Tolkien-Stammtisches, der sich am Samstag zu seiner Weihnachtsfeier in einer Charlottenburger Hinterhofwohnung traf. Allerdings wird Tina am Montag nur einen Blick auf die Stars auf dem roten Teppich werfen können: Nur geladene Gäste dürfen in die Premiere. Dafür wird sie am Mittwoch um Mitternacht die erste Gelegenheit nutzen, den Film anzusehen.

Andere Mitglieder der Gruppe haben sich deswegen sogar extra freigenommen – bis zu einer Woche, um Zeit für gleich mehrere Kinobesuche zu haben. Die Teilnehmer des Stammtischs sind sich bewusst, dass ihr Interesse für Mittelerde – so heißt die Welt, die Tolkien entworfen hat – ungewöhnlich ist. „Ich bin ein Nerd, und ich find’s gut“, sagt Tina, die auch eine leidenschaftliche Kostümnäherin und für den Anlass an diesem Abend in das Gewand eines Zauberers gekleidet ist.

Für die meisten Stammtischmitglieder waren die „Herr-der-Ringe“-Filme, die ab 2001 in die Kinos kamen, der Beginn ihrer Passion. Ihnen war es aber nicht genug, die Filme zu sehen und die Bücher zu lesen. Sie wollten sich mit anderen darüber austauschen. Deshalb gründete Ulf Schönherz, Barkeeper und Diplomphysiker, 2003 den Berliner Stammtisch. Als der Hype am größten war, kamen schon mal über 40 Leute, berichtet er. Inzwischen gebe es einen Kern von 10 bis 15 Mitgliedern, der sich einmal im Monat trifft. Auch in anderen deutschen Städten gibt es Stammtische. Darüber spannt sich die Deutsche Tolkien Gesellschaft. „Nach den Goethe- und Schiller-Gesellschaften haben wir die meisten Mitglieder“, sagt Schönherz nicht ohne Stolz.

Aber es gibt auch Fans, die schon vor den Filmen zu Fans wurden. Etwa Miriam, die ihr Studium „schon vor Ewigkeiten“ beendet hat und mit geistig Behinderten arbeitet. Der Stammtisch bedeutet ihr viel, mit Freunden könne sie nicht über ihre Tolkien-Leidenschaft reden. So ist der Stammtisch auch eine Art Freundeskreis geworden. Miriam schätzt an den Werken Tolkiens vor allem deren Tiefe, Detailliertheit und den langen Spannungsbogen.

Und was erwarten sie von dem neuen Film? Miriam ist kritisch, der erste Teil des „Hobbit“ sei ein „Herr-der-Ringe“-Abklatsch gewesen, sie fand ihn albern. Anschauen wird sie sich den Film aber natürlich trotzdem, am Donnerstag und mit all den anderen, die keine Lust auf die Mitternachtsvorstellung haben. Der nächste Stammtisch trifft sich übrigens am 3. Januar, dem Geburtstag Tolkiens. KIM TRAU