Weiße und schwarze Fäuste im gemeinsamen Protest

BEFREIUNGSKÄMPFE Wer weiß schon, dass die Zeitschrift „The Negro Worker“ in den dreißiger Jahren in Hamburg publiziert wurde? Der britische Historiker Hakim Adi stellte seine Studie über ein kaum beleuchtetes Kapitel afrikanisch-europäischer Geschichte vor

Inwieweit gibt es Zusammenhänge zwischen Kommunismus und schwarzen Befreiungskämpfen? Und was hat die panafrikanische Bewegung mit Deutschland zu tun? Mit diesen Fragen beschäftigt sich der britische Historiker Hakim Adi in seiner Studie „Pan-Africanism and Communism; The Communist International, Africa and the Diaspora, 1919–1939“, das er in Berlin in der Werkstatt der Kulturen vorstellte.

Auf 400 Seiten zeichnet der Autor die weitgehend unbekannte Beteiligung der Komintern (Kommunistische Internationale) am globalen Befreiungskampf der Schwarzen in den afrikanischen Ländern sowie Europa und den USA nach. Unter anderem erfahren die Leser, dass Hamburg einst ein Knotenpunkt zur weltweiten Vernetzung afrikanischer und afrodiasporischer Kommunisten war.

Hakim Adi, derzeit Professor für Geschichte Afrikas und der Diaspora an der Universität Chichester in England, begriff Kommunismus lange als rein europäisches Phänomen, erzählt er bei der Buchpräsentation. Als er zu verstehen begann, dass in der Geschichte der Linken auch Schwarze involviert waren, war sein Interesse geweckt und er forschte in den Moskauer Archiven der Kommunistischen Internationale nach Quellen. Zusätzlich nutzte Adi Archivmaterial aus afrikanischen Staaten, den USA, Großbritannien und Frankreich.

Entlang der Aktivitäten führender Schlüsselfiguren wie der trinidadisch-britischen Journalistin Claudia Jones, des afroamerikanischen Schauspielers Paul Robeson und des westindischen Aktivisten George Padmore skizzierte Adi dabei den Verlauf der Bewegung. Mit den Kommunisten zu sympathisieren begannen die Aktivisten Afrikas und der Diaspora um 1917, als sie die Vorgänge der Oktoberrevolution in der ehemaligen Sowjetunion beobachteten. Die Unterdrückung durch Kapitalismus und Imperialismus erlebten die Schwarzen ebenso wie die Revolutionäre dieser Zeit. Hinzu kam die Unfreiheit durch das rassistische System.

Im Klassenkampf nach 1919 spielten Hautfarben kaum eine Rolle, Poster zeigen etwa weiße und schwarze Fäuste miteinander im Protest erhoben. „Lenin kam zu der Schlussfolgerung, dass die Kämpfe in den Kolonien wichtiger seien als die Kämpfe der Menschen in industrialisierten Ländern“, erklärt Adi. Diese Prinzipien waren ausschlaggebend, dass sich Afrikaner und Menschen afrikanischer Abstammung mit dem Kommunismus identifizieren konnten.

In seinem bisher nur auf Englisch erschienenen Buch befasst Adi sich eingehend mit der Geschichte des 1928 gegründeten International Trade Union Committee of Negro Workers (ITUCNW). Er beleuchtet den Umgang der Komintern mit der sogenannten Negro Question, wie die Auseinandersetzung mit Fragestellungen rund um Afrika und die Diaspora genannt wurde, und er geht ausführlich auf die politischen Aktivitäten des Hamburg Committees ein. Durch den Hafen weltweit vernetzt, ließ sich von dort aus vieles steuern: die von George Padmore herausgegebene Wochenzeitschrift The Negro Worker wurde in der deutschen Version bis zu seiner Verhaftung 1933 etwa in Hamburg publiziert. Bereits 1930 fand dort auch erstmals die „International Conference of Negro Workers“ statt.

Den zweiten Teil des Buches widmet Adi den Bewegungen in Frankreich, Großbritannien, der Karibik, West- und Südafrika. Er belegt, dass mit ihnen und ihren Organisationsstrukturen zwischen den Weltkriegen der Grundstein für die Entkolonialisierung der einzelnen Länder und den Kampf um Gleichberechtigung für die Schwarzen der Diaspora gelegt wurde.

Zehn Jahre lang arbeitete Adi an seiner Recherche. Herausgekommen ist ein hoch informatives Werk, welches afrikanische Geschichte einmal mehr als einen eng verwobenen Teil deutscher und europäischer Geschichte zeigt. KATJA MUSAFIRI

■ Hakim Adi: „Pan-Africanism and Communism. The Communist International, Africa and the Diaspora 1919–1939“. 446 S., erschienen bei Africa World Publications 2013