Für eine linke Strömung

Eine Berliner Initiative möchte linksradikale Politik weiterentwickeln und setzt dabei auf spektrenübergreifende Bündnisse, wie zuletzt beim Klimagipfel in Kopenhagen

Als FelS in der Strömung versteht sich die gleichnamige Berliner Initiative nicht. Das Wortspiel sei eher ein Zufall. FelS ist ein Kürzel und steht synonym – „Für eine linke Strömung“.

Die Initiative hat sich 1991, kurz nach dem Zusammenbruch des real existierenden Sozialismus, gegründet. „1991 war die Linke in Deutschland insgesamt auf einem Tiefpunkt, auch die außerparlamentarische, wir haben nach neuen Antworten gesucht“, erklärt Philip Stein von FelS die Entstehung der Gruppe. Inzwischen wird bei FelS in 5 Arbeitsgruppen Politik gemacht. Von Antifaschismus bis Soziale Kämpfe – FelS deckt das Spektrum traditionell linksradikaler Themen gut ab. Die AGs haben sich nach und nach über die Jahre aufgebaut. Zurzeit sind dort ca. 50 Menschen aktiv. Dabei legt die Gruppe Wert darauf, mehr als nur ein Bündnis aus einzelnen Inis zu sein. „Die größeren Projekte der AGs und allgemein strategische Fragen werden von allen gemeinsam diskutiert“, betont Philip.

Damit auch alle dabei sein können, wird sogar eine Kinderbetreuung für die Treffen organisiert. „Es ist uns wichtig, dass linkes Engagement nicht nur eine Jugendepisode ist“, erklärt er. Und so sind von 18 bis 45 viele Jahrgänge vertreten.

Die Gruppe bezeichnet sich selbst als linksradikal. Es gelte: „Alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist“, wird Marx zitiert, um die Frage, was denn eigentlich links und was radikal sei, zu beantworten. Und: „Die radikale Linke zeichnet sich dadurch aus, dass sie die Herrschaftskritik ernster nimmt und dadurch, dass sie nicht daran glaubt, dass die notwendigen Veränderungen in erster Linie durch Gründung von Parteien erreicht werden können“, wird die Antwort konkretisiert. Im Gegensatz zu anderen linksradikalen Gruppen hat FelS aber keine Berührungsängste zum bürgerlichen Lager. Im Gegenteil, einen wichtigen Teil ihrer Arbeit sieht die Gruppe darin, spektrenübergreifende Bündnisse für linke Politik zu organisieren und zu stärken, wie zum Beispiel bei den erfolgreichen Blockaden während des G-8-Gipfels in Heiligendamm. „Wir gehen davon aus, dass wir eine breite Bewegung brauchen, um die Gesellschaft zu verändern“, erklärt Philip.

Jüngstes Beispiel für das Selbstverständnis von FelS sind die Proteste zum Klimagipfel in Kopenhagen. Als Teil des Climate Justice Action Netzwerkes hat FelS sich auch hier an der Organisation der zentralen Aktion des zivilen Ungehorsams beteiligt. „Wenn wir in den nächsten Jahren erfolgreich gegen den Klimawandel angehen wollen, dann müssen wir ungehorsam sein“, findet Hanna Schuster von der Arbeitsgruppe Klima.

Die jüngste AG will sich auf den ersten Blick nicht so richtig in die Aktivitäten der radikalen Linken einordnen lassen. Wichtig ist Hanna daher auch, dass es keine AG Umweltschutz gibt: „Es geht uns beim Klima vor allem auch um die soziale Komponente“. Für Hanna ist der Klimawandel Ausdruck des kapitalistischen Produktions- und Konsumwahns, mithin der Wachstumslogik. Damit interveniert die AG in die alte Bruchlinie zwischen dem „Verzicht“ der Ökoaktivisten und dem „Alles für Alle“ der sozialen KämpferInnen. „Die Grenzen des Wachstums werden in der Klima AG anerkannt, aber eben noch nicht bei allen in FelS“, weiß die 27-Jährige zu berichten. Ein schönes und spannendes Beispiel für den Wunsch, die Linke kontinuierlich weiterzuentwickeln, eben auch innerhalb der eigenen Gruppe.

„Überhaupt ist in der radikalen Linken der Zusammenhang von Klimawandel, Kapitalismus und globalen Ungleichheiten bisher noch nicht wirklich verankert“, findet Hanna. Auch mit möglichen Bündnispartnern gibt es noch viel zu diskutieren. Von dem „Bitte handelt jetzt, liebe Führer der Welt“ der großen NGOs sind die radikalen Klimaschützer schwer enttäuscht. Sie lehnen den Prozess der UN-Klimagipfel grundsätzlich ab. „Das Problem sind die Lösungsansätze, die dort diskutiert werden“, sagt Hanna. „Das, was dort verhandelt wird, ist selber Teil des Problems. Es geht lediglich darum weiterhin ‚Business as usual‘ zu machen“. Tatsächlich ist der Klimabewegung in Kopenhagen der erhoffte große Durchbruch nicht gelungen. „Der Gipfel ist grandios gescheitert und die Klimabewegung nicht ganz so grandios gestartet“, zieht Hanna ein erstes Resümee. Woran das liegen könnte, ist Thema der nächsten Veranstaltung von FelS. Am Donnerstag, den 7. 1. wird zur Diskussion geladen, los geht es um 19.30 Uhr im Kato (U-Bhf Schlesisches Tor).

Eine weitere gute Gelegenheit. FelS näher kennen zu lernen, bietet sich an jedem letzten Dienstag im Monat beim Stammtisch der Gruppe im „Freien Neukölln“, Pannierstr. 54. JAL

■ Im Netz: www.fels.nadir.org