Ak moB: Für Barrikaden statt Barrieren

Seit 2007 engagiert sich die Gruppe dafür, linke Behindertenpolitik zu verbreiten und Barrieren abzubauen

Am 18. Juni 1981 schlug der Rollstuhlfahrer Franz Christoph dem damaligen Bundespräsidenten Karl Carstens vor einer Festrede seine Krücke gegen die Beine. Er wollte mit der Aktion „Krüppelschläge“ darauf hinweisen, dass Behinderte von der Gesellschaft als mündige Menschen wahrgenommen werden müssten, die das Recht hätten, sich selbst zu vertreten.

Christoph wählte diese Aktionsform, weil zuvor Artikel, Fernsehbeiträge und Diskussionsrunden zum Thema keine Resonanz hervorgerufen hatten. Selbst eine Bühnenbesetzung durch Behinderte wurde nicht als Störung empfunden. Vielmehr wurden die Behinderten als Teil des Programms und Beweis für eine gelungene Rehabilitationspolitik wahrgenommen und ihr Protest einfach ins Gegenteil verkehrt. Auch die „Krüppelschläge“ zeigten nur kurzfristig Wirkung: Die Festrede wurde zwar abgesagt, doch Carstens hielt es nicht für nötig, Christoph anzuzeigen. Er sah den Behinderten nicht als ernst zu nehmendes Rechtssubjekt an.

Der Arbeitskeis mit und ohne Behinderung (ak moB) versucht 30 Jahre später immer noch, die gesellschaftliche Wahrnehmung darauf zu richten, dass Menschen mit Behinderung das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben einfordern. Seit 2007 engagiert sich die Gruppe dafür, linke Behindertenpolitik zu verbreiten. Menschen mit und ohne Behinderungen organisieren hier Diskussionsveranstaltungen und schreiben Flugblätter oder Broschüren. Sie knüpfen dabei an die Forderungen der autonomen Krüppelgruppen der 70er und 80er Jahre an, die sich als Erste mit der gesellschaftlichen Wahrnehmung von Behinderten kritisch auseinandersetzten.

Linke Behindertenpolitik heißt für den ak moB, die Bedürfnisse Behinderter mit einer Kritik an Kapitalismus, Rassismus und an heteronormativen Geschlechterverhältnissen zu verbinden. Die Gruppe nahm an den letzten beiden Mayday-Paraden mit eigenen Redebeiträgen teil, organisierte eine Diskussionsveranstaltung zu Behinderung im Nationalsozialismus und erstellt aktuell einen Leitfaden zur Barrierefreiheit für linke Gruppen. Damit soll die Aufmerksamkeit der linken Szene für barrierefreie Einrichtungen erhöht und Möglichkeiten bekannt gemacht werden, wie notwendige Gelder akquiriert werden können. Gerade in den politischen Zusammenhängen, in denen der ak moB sich selbst verortet, möchte er den Zugang zu Räumlichkeiten nicht erschwert bekommen.

Im Vordergrund der politischen Arbeit steht allerdings die Forderung nach der Selbstorganisation Behinderter gegen die Bevormundung durch Nichtbehinderte. Sie drückt sich auch in Form der Alltagsorganisation aus: Behinderte Menschen lehnen es ab, sich in Pflegeheimen oder Werkstätten vom Rest der Gesellschaft aussondern zu lassen, und vertreten dagegen das System der persönlichen Assistenz.

Diese ist Resultat der emanzipatorischen Krüppel- und Behindertenbewegung. Sie bedeutet, dass Behinderte, die AssistenznehmerInnen, die Tätigkeit ihrer AssistentInnen anleiten und das übliche Betreuungsverhältnis umkehren, indem sie selbst entscheiden, was gut für sie ist und wie ihr Alltag strukturiert sein soll.

Wie schwierig sich eine angemessene Wahrnehmung Behinderter gestaltet, zeigt sich an der Auseinandersetzung über eine aktuelle Ausstellung mit dem Titel „jenseits des helfersyndroms II – künstlerische Positionen zu Care Working und Behindertenassistenz“. Die Ausstellung, die kürzlich in der Galerie Zeitzone zu sehen war, ist Teil einer Kampagne, die höhere Löhne für die AssistenInnen Behinderter fordert. Sie geht von einzelnen Angehörigen des Betriebsrats und Beschäftigten des Berliner Assistenzdienstes Ambulante Dienste aus.

Sosehr der ak moB den Kampf für angemessene Löhne unterstützt, kritisierte er doch die Darstellung der AssistenznehmerInnen in der Ausstellung, eine Kritik, die auch von manchen AssistentInnen geteilt wurde. Die Behinderten seien nur als Pflegeobjekte präsentiert worden, die Arbeit und Dreck machten: Problemfälle, deren Exkremente entsorgt werden müssten, und denen sich nur mit Schutzkleidung und Hygienemasken genähert werden könne.

Zudem habe die Galerie Zeitzone noch nicht einmal einen barrierefreien Eingang, und die Bilder der Ausstellung seien dermaßen hoch angebracht worden, dass Behinderte keinen Zugang zu den Räumlichkeiten und Exponaten gehabt hätten. Gerade an diesem Beispiel zeigt sich, wie dringend nötig es ist, einen angemessenen Umgang mit Behinderung in der Gesellschaft zu etablieren.

Im AK moB arbeiten behinderte und nichtbehinderte Menschen zusammen. Die Gruppe beschäftigt sich mit Themen wie Bioethik, Inklusion, Ableism, also Ablehnung, Diskriminierung und Marginalisierung von Menschen mit Behinderungen, sowie Genderfragen. Aktuell wird ein Leitfaden für Barrierefreiheit in alternativen Projekten entwickelt. Zoé Sona

Im Netz: http://ak-mob.org