Dominikus Müller schaut sich in den Galerien von Berlin um

Zugegebenermaßen war ich etwas erstaunt, als passgenau zur Bemerkung eines Bekannten, dass das nächste große Ding im Reigen der Referenzen die Kunst des Informel sei, die erste Ausstellung zum Thema um die Ecke bog. Interessanterweise geriert sich diese von Gesine Borcherdt unter dem Titel „Gegen die Form. Informel 1954 – 2010“ in die Räume von Cruise & Callas hineinkuratierte Ausstellung jedoch weniger als referentieller Rekurs, sondern vielmehr als langes Kontinuum der abstrakten Malerei. Von wunderbaren Exponaten aus der ersten Generation der 1950er-Jahre, von Fred Thiele etwa oder K. O. Götz, geht es über einige Zwischenstationen in die Gegenwart, zu Malern wie André Butzer, Thomas Helbig oder Armin Boehm. Jenseits aller zweifellos vorhandenen malerischen Parallelen ist das vor allem deshalb interessant, weil hier aktuelle Positionen nicht mehr unter dem Gesichtspunkt der unmittelbaren „Gegenwart“ präsentiert, sondern unter einem kunsthistorisch abgefederten Label rubriziert werden. Und das passt dann schon ziemlich gut zur Post-Crash-Periode.

Ganz anders funktioniert dagegen die Ausstellung „Derridas Katze … que donc je suis (à suivre)“ im Kunstraum Kreuzberg/Bethanien. Entlang den Thesen des bereits im Titel genannten französischen Philosophen wagt man sich hier an die Dekonstruktion der Grenze Mensch/Tier. Egal ob Tea Mäkipää uns das Leben aus der Sicht eines Rentiers vorführt, Yuka Oyama und Becky Yee Wolpertingern nicht unähnliche Papiermasken basteln oder Carla Ahlander Männer zeigt, die wie Hunde ins Gebüsch hinter dem Olympiastadion urinieren – hier wird nicht kunstfeldimmanent argumentiert, sondern der Blick buchstäblich nach außen gelenkt. Das ist vom Thema her zwar interessant, läuft aber beständig Gefahr, die Kunst selbst nur illustrativ einzusetzen.

■ „Gegen die Form. Informel 1954–2010“: Cruise & Callas, bis 6. März, Mi.–Sa., 12–18 Uhr, Köpenicker Str. 187/88

■ „Derridas Katze … que donc je suis (à suivre)“: Kunstraum Kreuzberg/Bethanien, bis 7. März, tgl. 12–19 Uhr, Mariannenplatz 2