THEATER

betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

ESTHER SLEVOGT

Es ist jetzt dreißig Jahre her, dass sechs Absolventen des Drama-Studiengangs der Universität Essex die Live-Art-Gruppe Forced Entertainment gründeten. Die Gruppe um Tim Etchells gehörte mit ihren Arbeiten schnell zu den stilprägenden Theaterensembles in Europa. In ihren Stücken untersuchte (und untersucht) Forced Entertainment die Lebensbedingungen des Einzelnen in den großen Städten, fragt, wie sich angesichts der medialen Bilderflut Identität konstruiert und welchen Einfluss Sprache und ihre Konventionen haben. Zum dreißigsten Geburtstag der berühmten Experimentaltheatergruppe veranstaltet das HAU jetzt ein Minifestival, wo legendäre und epochemachende Arbeiten wie „Speak Bitterness“ (1994) oder Tim Etchells Soloperformance „A Broadcast/Looping Pieces“ über den Zusammenhang von Sprache und Gedächtnis noch einmal zu sehen sein werden. Eröffnet wird das Jubiläum am 16. 10. im HAU2 von der aktuellen Forced-Entertainment-Arbeit „The Notebook“ nach Ágota Kristófs Roman „Das Heft“. (HAU: „30 Years Forced Entertainment“ 16.–19. 10., Alle Infos: www.hebbel-am-ufer.de).

Den Theaternachwuchs von heute kann man ab 17. 10. beim Festival Freischwimmer 2014/2015 in den Sophiensælen begutachten. 2003 von den wichtigsten freien Theaterhäusern im deutschsprachigen Raum gegründet (die die „Freischwimmer“ nach der Berliner Eröffnung im Laufe der Spielzeit auch alle durchlaufen werden), versteht sich das Festival als eine Art Theatertrendscout für Themen und Talente und gibt bei jungen und noch unbekannten Theatermacherinnnen und Theatermachern Stücke in Auftrag. „Intim“ heißt das Motto in diesem Jahr und die Arbeiten der sieben Nachwuchskünstlerinnen und -künstler kreisen um die Differenz von privat und intim in Zeiten, in denen die Verquickung von Öffentlichem und Privatem zu Riesenmissverständnissen führt. (Sophiensæle, 17., 18., 22–25. 10., Infos: www.sophiensaele.com).

Ja, aber manche wollen nicht das Theater und schon gar nicht die Welt revolutionieren, sondern einfach nur ein glückliches Leben führen. Und wer weiß, vielleicht sind diese Leute ja auch die besten Friedens- und Glücksgaranten. „Richtfest“ heißt ein Stück des Dramatikers Lutz Hübner, das von dem Versuch einiger Leute handelt, eine Art Traumhaus für viele zu bauen. Ein Ort, an dem nicht bloß eine Kleinfamilie, sondern gleich mehrere solche eine Lebensgemeinschaft gründen können. Wer wissen will, wie das geht, und ob das gut geht, muss nach Potsdam fahren, wo das Stück im Hans-Otto-Theater Premiere hat. (Hans-Otto-Theater/Neues Theater, „Richtfest“, Premiere: 17. 10., 19.30 Uhr).