KUNST

schaut sich in den Galerien von Berlin um

BRIGITTE WERNEBURG

Schon ganz jung sah Robert Mapplethorpe so sehr nach Robert Mapplethorpe aus, dass man glaubt, „Robert gets dressed Chelsea Hotel #3“ sei eines seiner vielen Selbstporträts. Doch das Foto stammt von Judy Linn. Sie kam von der Kunsthochschule und fotografierte ihre Freunde. Auf einem der Bilder, die jetzt im Haus am Kleistpark ausgestellt sind, sieht man Bob Dylan elegant in einen weißen Korbstuhl gefläzt. Es ist aber „Patti as Dylan“, also Patti Smith, die sich aus Spaß ein Dylan-Porträt vors Gesicht hält. Wir sind in den frühen 70er Jahren. Noch sind sie alle unbekannt, nur der Vierte im Bunde, Sam Shepard, hat als Drehbuchautor schon mit Antonioni und als Schlagzeuger tatsächlich mit Dylan zusammengearbeitet.

Alle haben offensichtlich Freude am Posieren, was zu sehenswerten Aufnahmen führt. Neben Dylan gibt es Patti noch als Blaise Cendrars oder als Pin-up mit fantastischen Brüsten. Kein Wunder, dass auch ein Foto „Patti right tit“ existiert. Da denkt man an Nan Goldin, aber die sexuelle Aufladung ihrer Aufnahmen ist Judy Linn fremd. Sie ist die Sachliche, wie „Things“ (1969–2012) oder die Ein-Jahres-Beobachtung „Place (Edge of Detroit 1972/73)“ zeigen (Grunewaldstr. 6–7, Di.–So. 10–19 Uhr).

Uwe Kowski ist der Bunte, Farbenfrohe, Abstrakte. „treiben“, seine Ausstellung bei Eigen + Art, zeigt Bilder von 2014. Wie stets bei ihm haben sie Titel, die auf eine Ursprungsidee verweisen. „Turnhalle“ verdankt sich einem Pressebild von einer zum Flüchtlingslager umfunktionierten Sporthalle, in der die Decken, Matten, Koffer und Kleider zu einer einzigen farbigen Oberfläche verschmelzen. Neu sind grafische, rasterartige Bildformen, die er beim Blick auf den Atelierboden entdeckte. Die glamouröseste Abstraktion findet sich im Naheliegenden. Jedenfalls bei Kowski (Auguststr. 26, Di.–Sa. 11–18 Uhr).

Bobby Kolade findet den Glamour in der Natur. Gerade zeigte er auf der Fashion Week eine absolut hinreißende Herbst/Winter-Kollektion 2015/16. Als erstes fällt sein skulpturales Jackett „Lubogo II“ auf, das aus ugandischer Baumrinde gefertigt ist, die in Brasilien mit Kautschuk beschichtet und mit Wolljersey kaschiert wurde. Sämtliche Nähte sind von Hand perforiert, eine rote Gummikordel hält den rasanten Entwurf zusammen. Und weil die rote Schnürung so herrlich mit dem scheckigen Braun der beschichteten Rinde kontrastiert, entsteht ein echt schickes Fräckchen. Man möchte der Baum sein, an dem es wächst. Oder die Frau, die sich den asymmetrischen Hybridmantel aus purpurroter Schurwolle in Kombination mit traditionell besticktem Patchworkstoff aus dem südafrikanischen Venda leistet.