KUNST

schaut sich in den Galerien von Berlin um

BRIGITTE WERNEBURG

Benita Suchodrev ist Fotografin und sammelt alte Fotografien. Jetzt hat die russisch-amerikanische Künstlerin in den Räumen ihres Schöneberger Porträtstudios Vintageaufnahmen aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs zu der Ausstellung Echoes of War zusammengestellt. Es ist eine erstaunliche, ungemein berührende Ausstellung. Dabei stellt sie eigentlich eine große Provokation dar: Denn Suchodrev hat die Aufnahmen aus Deutschland, England, Frankreich, Polen, Russland und den USA nicht historisch-kritisch ausgewählt. Sie hat mit ihnen nicht den Krieg, seinen Verlauf, seine Schlachten und Fronten, seine Schauplätze der Kriegsverbrechen, die zerstörten Städte etc. illustriert. Stattdessen stellt sie persönliche Erinnerungen aus, subjektive Blicke auf das Kriegsgeschehen, kombiniert mit Fotografien professioneller Kriegsberichterstatter, in denen die Grausamkeiten des Krieges der Anlass für surreale, geradezu poetische Bildästhetiken werden. Sorgfältigst gerahmt und auch im Miniformat von 4 mal 7 Zentimeter in Passepartouts gefasst, sehen wir Bilder eigenen Rechts, aus denen doch ein überaus luzides Gesamtbild des Krieges entsteht. In einem zweiten Teil der Ausstellung überarbeitete sie ausgewählte Porträts aus ihrem Fundus und installiert sie in Leuchtkästen. Es ist die künstlerische Antwort auf das gefundene Privat- und Pressematerial, ein Echo, das den Krieg in eine heutige Sicht- und Sehweise überführt (bis 24. 6., Di+Mi 12–19 Uhr, Fr+Sa 12–19 Uhr, Motzstraße 52).

Der Krieg ist auch bei Rollin Beamisch zu finden: der der mexikanischen Drogenkartelle. Aus Gründen der Rache und Abschreckung lassen Drogengangster die zerstückelten Körperteile ihrer getöteten Gegner an öffentlichen Straßen und Plätzen zurück. Rollin Beamisch hat nun ausgerechnet diese Körperfragmente in meisterhaften Freihandzeichnungen festgehalten. Deren Exzellenz macht die Bilder in ihrer Wirkung eindringlicher, aber nicht unbedingt verständlicher. Doch ist diese zeichnerische Pracht, die sich lang anhaltender, geduldiger Konzentration verdankt, nicht an die banalen Dinge eines gewaltlos-glücklichen Alltags verschwendet? Muss sie nicht die von den Kartellen mit ihren Logos und Markennamen geschmückten Gewaltakte konfrontieren, die sie in ihrer Virtuosität erst richtig kenntlich machen kann? Begleitet vom dumpfen Sound, den zwei vom japanischen Künstler Nao Nishihara in Bewegung gesetzte Automotorhauben erzeugen, finden sich die BesucherInnen der Galerie Greusslich Contemporary in einer herausfordernden Wahrnehmungssituation wieder (bis 11. 7., Mi+Do 16–21, Fr+Sa 13–21 Uhr, Buchholzer Str. 11).