Kolumne Politik von unten: Kostenpflichtiges Sicherheitsrisiko

Jetzt ist der E-Post-Brief da. Damit wird die Behördenpost zwar sicher vor Hundebissen. Nur leider macht man so Adresse und Mailinhalte auch Abmahnern und Adresshändlern zugänglich.

Briefmarke? Brauch ich nicht, ich mach jetzt E-Post. Bild: dpa

Sind Sie über 18 Jahre, haben einen Wohnsitz in Deutschland und besitzen ein Mobiltelefon? Dann dürfen Sie mitmachen beim kostenpflichtigen Maildienst "E-Post-Brief" der Deutschen Post.

Das ist der mangels Interesse gescheiterte Vorläufer "ePost" in neuem Gewand. Gleich bleibt nur die Desinformation nicht nur der Kunden, sondern auch der Postangestellten. Denn die klaffende Lücke zwischen den Behauptungen der hochpolierten Werbung und dem, was die detaillierte Lektüre der AGB ergibt, ist offenkundig.

Beeilt man sich, kann man nun endlich "mandy.schulze329" heißen. Doch die Adressen dürfen auch, wenn man kein Häkchen setzt, weiterverkauft werden. Schließlich ist die Post einer der größten deutschen Adresshändler.

ist Sprecherin beim Chaos Computer Club (CCC).

United Internet, Betreiber von GMX und Web.de, und die Telekom haben einen ganz ähnlichen Plan. Auch sie wollen der Gratismail eine Bezahlvariante zur Seite zu stellen: De-Mail. Die Prämisse hinter beiden Angeboten: Normale E-Mails seien nicht geeignet für geheimzuhaltende Nachrichten. Außerdem sei nicht zweifelsfrei zu ermitteln, ob der Inhalt auf dem Weg vom Absender zum Empfänger unverändert geblieben ist. Es wird sogar ernsthaft argumentiert, mit dem E-Pöstchen ließe sich Spam bekämpfen. Daher muss sich der Kunde ausweisen, die Post nennt das "De-Ident". Zusätzlich wird eine Art Dateientresor angeboten, der in einem weiteren Anfall von Sprachvergessenheit "De-Safe" heißt.

Papierscheue Digitalbürger möchten sich eigentlich freuen, demnächst mit Behörden digital kommunizieren zu können. Nie wieder verlegte Briefe, durch Wasserschaden oder Hundebiss unlesbar gewordene Korrespondenz, alles bequem und elektronisch durchsuchbar in der Inbox. Leider mit unangenehmer Nebenwirkung: Behörden erwarten dann auch, dass man täglich nach elektronischen Einschreiben Ausschau hält.

Behördenkommunikation muss dabei nicht unbedingt dem dialogischen Prinzip folgen. Strafverfolger können, mit oder ohne Richterstempel, heimlich E-Post mitlesen. Auch der Abschaum der Juristenzunft, der das Abmahngeschäft als Lebensunterhalt betreibt, kann die Herausgabe verlangen. Da helfen keine kryptografischen Methoden, denn der Anbieter, nicht der Versender hat Hoheit über die Schlüssel.

Jeder kann übrigens auch völlig kostenfrei verschlüsselte und signierte E-Mails versenden. Sie sind sicher gegen unerwünschte Mitleser durch Verschlüsselung vom Sender zum Empfänger - ohne kostenpflichtiges Sicherheitsrisiko "De-Mail" in der Mitte. Doch wenn die Einwohnermeldeämter, Banken oder Großhändler beginnen zu verkünden, dass die neuen Bezahlmails angenommen werden, ist der Schritt nicht weit, nur noch auf diesem Wege elektronisch zu kommunizieren. Die Teilnahme ist derzeit noch freiwillig.

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