Kolumne Nebensachen aus Rom: Silvios neue Sex-Eskapaden

Italiens Staatschef Silvio Berlusconi lässt nichts anbrennen. Seine Getreuen halten trotzdem zu ihm – das Forum der Familien nicht.

Berlusconi, ein "Mix aus Nero und Napoleon, dem Grafen von Monte Christo, Casanova, Rommel und Charlot": So schreibt die Zeitung "Il Giornale" – die Berlusconi gehört. Bild: dapd

"Volljährig" war das erste Wort, das die Experten beim Ansehen der TV-Bilder entschlüsselten, und: "Nicht vorbestraft". Es war Berlusconi, der da mit seinem Nebenmann parlierte, letzte Woche, am Rande der Zeremonie, mit der Italien jedes Jahr seinen Sieg über Österreich-Ungarn im Ersten Weltkrieg feierte.

Berlusconi dagegen war gerade mit seiner letzten Niederlage befasst - mit den Enthüllungen rund um "Ruby" alias Karima, die Marokkanerin, die mit 17 Gast auf seinen Partys war und dafür nach eigenem Bekunden dicke Geldbündel kassierte. Dass Italiens Regierungschef auch Umgang mit erwachsenen, nicht vorbestraften Personen hat, selbst dies wurde deshalb in den letzten Tagen zur Nachricht.

Seine Getreuen lassen sich von den jüngsten Enthüllungen nicht aus der Ruhe bringen. Maurizio Lupi, stockkatholischer Politiker aus dem Berlusconi-Lager, erzählt im Fernsehen, er und seine Frau seien mehrfach bei Silvio zum Dinner gewesen, "und es ging immer gesittet zu".

Für die Bürger, die eher den Mädchen vom Hof oder Harem Berlusconis glauben, baut sein Lager eine zweite Verteidigungslinie auf. Da ist nicht mehr von züchtigen Abendessen die Rede. Da heißt es "Kennedy". Oder "Clinton". Das waren doch auch zwei, die nie etwas anbrennen ließen. Zwei, die heute als Lichtgestalten verehrt werden.

So einen "modernen Revolutionär", einen "Mix aus Nero und Napoleon, dem Grafen von Monte Christo, Casanova, Rommel und Charlot", darf man nicht "mit den traditionellen moralischen Kriterien und Werten beurteilen", verfügt das Berlusconi-eigene Blatt Il Giornale.

Dumm, dass zu den verbiesterten "Moralisten" auch das von katholischen Organisationen dominierte Forum der Familien gehört. Dieses lädt für diesen Montag zum Kongress nach Mailand. Die Eröffnung war Berlusconi zugedacht. Jetzt fühlte sich der Forum-Chef angesichts der Einladung "in tiefer Verlegenheit". Der Premier sagte ab.

Doch das Forum musste sich böse Kritiken anhören, so von Maurizio Gasparri, Fraktionschef der Berlusconi-Partei im Abgeordnetenhaus. Auch er glaubt offensichtlich nicht allzu fest an die Version der von minderjährigen Mädels frequentierten Abende bei Silvio. Dennoch weiß Gasparri genau, wo die wahren Feinde der katholischen Familie sitzen: "Viel mehr Sorgen macht mir die Linke, die meiner Tochter legale Joints gewähren und den Schwulen das Adoptionsrecht einräumen will."

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Promovierter Politologe, 1985-1995 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Unis Duisburg und Essen, seit 1996 als Journalist in Rom, seit 2000 taz-Korrespondent, daneben tätig für deutsche Rundfunkanstalten, das italienische Wochenmagazin „Internazionale“ und als Wissenschaftlicher Mitarbeiter für das Büro Rom der Friedrich-Ebert-Stiftung.

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