Kommentar Rezession: 1-Euro-Job für Josef Ackermann

Die Prognosen sehen düster aus. Um vier Prozent wird die Wirtschaft schrumpfen, warnt der Chefökonom der Deutschen Bank. Es könnte noch schlimmer werden.

In seine Glaskugel geschaut hat der Chefökonom unseres liebsten Geldhauses, der Deutschen Bank. Was Norbert Walter dort zu erkennen glaubte, teilte er eiligst der Bild-Zeitung mit: Um vier Prozent könnte die deutsche Wirtschaft im kommenden Jahr schrumpfen, prognostiziert Walter. Im Vergleich zu allen anderen Vorhersagen ist das eine abenteuerlich pessimistische Sicht. Doch Walter ist nur unorthodox, nicht doof.

Denn seine Prognose könnte sich als richtig erweisen. So steil nach unten wie derzeit ging es noch nie seit dem Zweiten Weltkrieg. Auch die Bundesbank hat gestern ihre neue Vorhersage veröffentlicht. Mit einer für 2009 angenommenen Verringerung des Bruttoinlandsprodukts um 0,8 Prozent liegt die aktuelle Schätzung der Bundesbanker um sagenhafte 2,2 Prozent unter der letzten Prognose, die erst sechs Monate alt ist. Und möglicherweise ist das nicht das letzte Wort. Den Boden des Abgrunds sieht zurzeit niemand.

Walters Botschaft hat aber auch einen zweiten Teil: Die Bundesregierung soll ihren Beitrag dazu leisten, den historisch einmaligen Einbruch der Wirtschaftsleistung um vier Prozent zu verhindern. Der volkswirtschaftliche Verlust von etwa 100 Milliarden Euro pro Jahr muss nicht eintreten, wenn Kanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Peer Steinbrück ein wirksameres Konjunkturprogramm auflegen, als sie bislang planen.

Walter schlägt vor, zusätzlich zu den bisherigen Maßnahmen die Mehrwertsteuer um drei Prozent zu senken. Insgesamt würde dabei ein Investitionspaket von 40 bis 50 Milliarden Euro herauskommen - ein wenig mehr als die mageren einstelligen Beträge, die der Bund bislang aufwenden will.

Der - unausgesprochene - dritte Teil der Botschaft richtet sich an Walters Bank selbst. Deren Chef, Josef Ackermann, hat kürzlich erklärt, er würde sich schämen, die Hilfen des staatlichen Pakets zur Bankenrettung anzunehmen. Angesichts der bevorstehenden Krise dürfte diese Weigerung voreilig gewesen sein. In seiner Glaskugel mag Norbert Walter einen Josef Ackermann gesehen haben, der demütig Staatsmilliarden akzeptiert und wie die Manager der US-Autokonzerne mit einem Euro Gehalt zufrieden ist.

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Geboren 1961, ist selbstständiger Wirtschaftskorrespondent in Berlin. Er schreibt über nationale und internationale Wirtschafts- und Finanzpolitik. 2020 veröffentlichte er zusammen mit KollegInnen das illustrierte Lexikon „101 x Wirtschaft. Alles was wichtig ist“. 2007 erschien sein Buch „Soziale Kapitalisten“, das sich mit der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen beschäftigt. Bis 2007 arbeitete Hannes Koch unter anderem als Parlamentskorrespondent bei der taz.

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