Kommentar Rauchverbot: Der Fluch der Ausnahme

Nach der Verfassungsgerichtsentscheidung zum Rauchverbot sollten die Länderparlamente den Mut haben, überall für saubere Luft zu sorgen - auch in Eckkneipen.

Was haben alle über Bayern gelacht, als das neue CSU-Führungsduo die Gastronomie des Freistaats zu Jahresbeginn komplett rauchfrei machte. Den Christsozialen sei das Sensorium für die Bürger abhandengekommen, hieß es. Manch ein Kritiker führte sogar den drohenden Verlust der absoluten Mehrheit auf die Aktion zur Luftreinhaltung zurück. Jetzt stellt sich heraus: Das klare bayerische Gesetz entspricht, neben der Regelung im Saarland, als einziges Gesetz den Vorgaben des Grundgesetzes.

Es ist der Fluch der Ausnahme, der sich in den übrigen Bundesländern rächt. Fast alle europäischen Staaten haben ohne lange Diskussionen und ohne Sonderregelungen den Kneipenrauch beseitigt, fast überall hat sich die Neuerung erstaunlich geräuschlos bewährt. Nur in Deutschland hob, befördert durch den landestypischen Föderalismus, eine verquere Debatte an. Kaum ein kurioses Detail blieb ausgespart - von der Definition der Haupt- und Nebenräume über Einzelheiten der Belüftungstechnik bis hin zur Differenzierung zwischen Inhabern und angestelltem Personal. Am Ende standen in 14 von 16 Bundesländern untaugliche Kompromisse, wie das Bundesverfassungsgericht jetzt festgestellt hat.

Die Landesparlamente sollten nun den Mut haben, überall für saubere Luft zu sorgen. Schon durch das bisherige Durcheinander war das Ziel der Gesetze verfehlt worden. Würden auch die Eckkneipen wieder zu No-go-Areas erklärt, wäre der alte Zustand vollends wiederhergestellt. Bei jeder Verabredung müssten sich die Nichtraucher, wenn sie rauchende Freunde nicht von Restaurant oder Mehrraumkneipe überzeugen können, wieder entscheiden: Setzen sie sich dem Rauch aus - oder bleiben sie dem Treffen fern?

Im Streit über saubere Kneipenluft geht es im Kern um eine Freiheitsfrage. Wer gern eine Zigarette konsumiert, kann das auch in der qualmfreien Gastronomie tun - es genügt ein Gang vor die Tür. Den verrauchten Wirtshäusern hingegen kann keiner ausweichen, der sich aus der Gesellschaft nicht ausschließen will. Das ist der Unterschied zur Selbstschädigung durch Fritten oder Alkohol, die der Staat lieber nicht verbieten sollte.

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