Kommentar Steinmeiers Wahlkampf: Der Schattenboxer

Steinmeier versucht eine Diskussion über seinen Deutschland-Plan zu erzwingen. Doch Merkel weicht aus - und lässt Steinmeier hilflos zurück.

Die SPD ist, wie man weiß, in einer unbequemen Lage. Eigentlich muss sie einen harten, kontroversen Wahlkampf gegen Angela Merkel beginnen. Nur so hat sie eine Chance weiter zu regieren. 2002 und 2005 hat es für die SPD dazu gereicht, weil sie mit dem Irakkrieg und der sozialen Kälte von Schwarz-Gelb Themen hatte, die die eigene, ziemlich anspruchsvolle Klientel bewegte. Doch diesmal ist es anders.

Bei Kanzlerin Merkel Angriffspunkte zu finden ist nicht einfach. Ihr freundlich-präsidialer Stil hat sogar den globalen Finanzcrash seltsam unberührt überstanden. Und selbst wenn es den SPD-Strategen gelingt, Merkel als verpuppte Neoliberale anzugreifen, bleibt die Frage, warum die SPD dann am 28. September mit freudigem Stoßseufzer die große Koalition fortzusetzen gedenkt.

Aber das ist nur die Oberfläche. Das Problem liegt tiefer. Die SPD regiert seit elf Jahren. Und sie kann nicht so tun, als wäre sie eine Art kraftvolle Oppositionspartei, die nun alles anders machen wird.

Deshalb sucht die SPD eine positive Botschaft. Nichts anders ist Steinmeiers volltönender Deutschland-Plan, der größtenteils fortschreibt, was unter Rot-Grün ganz gut geklappt hat, nämlich die mehr oder weniger forsche ökologische Industriepolitik. Das ist kein bloßer Wahlkampftrick, um den Grünen Wähler abzujagen. Vielmehr gibt es kein anderes Thema, mit dem die SPD eine erfolgreiche Vergangenheit mit lichter Zukunft verbinden kann. Die Sozialpolitik ist - siehe Hartz IV - ungeeignet.

Das Dilemma der SPD ist: Mit scharfer Konfrontation gegen die Union ist sie unglaubwürdig, ohne sie geht sie als Merkels blasser Juniorpartner unter. Deshalb versucht Steinmeier, die Union fast verzweifelt dazu zu bringen, sich mit ihm über seinen Deutschland-Plan zu streiten. Doch Merkel weicht aus. Und Steinmeier wirkt wie ein Schattenboxer auf der Suche nach einem Gegner.

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Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.

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