Kommentar Finanzminister: Die Krise des Peer Steinbrück

Seit der Finanzkrise ist beim Finanzminister nur noch die Abteilung Attacke in Betrieb. Steinbrück ist mehr als ein Störfall für den startenden Wahlkampf der SPD.

Peer Steinbrück hält nichts von Steuersenkungen. Er hält auch nichts von Investitionsprogrammen. Er hält eigentlich überhaupt nichts von Vorschlägen, die er nicht selbst gemacht hat. Als SPD-Politiker kürzlich Konsumgutscheine ins Gespräch brachten, kanzelte das Finanzministerium dies als "absurden Unsinn" ab. Es mag Gründe gegen Konsumgutscheine geben - aber warum muss Steinbrück so tun, als wären alle, die sich darüber Gedanken machen, Volltrottel? Nun hat Steinbrück seinen Feldzug gegen den Keynesianismus international ausgeweitet und am Konjunkturprogramm des britischen Premiers Gordon Brown kein gutes Haar gelassen.

Seit der Finanzkrise ist beim Finanzminister nur noch die Abteilung Attacke in Betrieb. Wenn ihn niemand bremst, wird er demnächst Obama bescheinigen, keine Ahnung von Wirtschaft zu haben. Denn auch Obama ist ja, wie der Rest der Welt, der Idee zugeneigt, mit Konjunkturprogrammen etwas gegen die Rezession auszurichten. Peer Steinbrück hingegen weiß genau, was gegen die größte Weltwirtschaftskrise seit 80 Jahren hilft - nämlich erst mal nichts zu tun.

Steinbrücks Schroffheiten stehen in augenfälligem Missverhältnis zu seiner eigenen Tätigkeit. Verglichen mit der hektisch verabschiedeten, nutzlosen Kfz-Steuerbefreiung wirkt Browns Steuersenkung geradezu durchdacht.

Bislang war das herrische Gemüt des Finanzministers ein Problem der SPD. Alle Welt debattierte, was gegen die Rezession hilft - die SPD hingegen schwieg lange, um ihren formidablen Minister nicht zu beschädigen. Faktisch hat Steinbrück in der SPD die Definitionshoheit über die Krisenbekämpfung. Das dürfte sich als strategischer Fehler erweisen.

Steinbrück ist mehr als ein Störfall für den Wahlkampf der SPD, die Kritik an Brown mehr als eine Stilfrage. Merkel und Steinbrück sind dabei, Deutschland international zu isolieren. Sie reden die Lage schön, um nicht zu riskieren, Falsches zu tun. Doch Steinbrücks dröhnende Selbstsicherheit wirkt nicht souverän. So redet nicht, wer selbstsicher Verbündete überzeugen will. So redet, wer aufkeimende Panik ersticken muss.

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Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.

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