Kommentar Haushaltsdebatte: Die Rückkehr des Lagerdenkens

Merkels Atompolitik ist eine Absage an Schwarz-Grün und an postideologische Gedankenspiele. Die politische Landschaft ist dadurch wieder übersichtlicher geworden.

Schwarz-Gelb hat den Energiekonzernen mit der Verlängerung der AKW-Laufzeiten ein höchst großzügiges Geschenk gemacht. Das wird auch die politische Landschaft grundlegend verändern. Links und rechts, als Ordnungssystem schon oft verabschiedet, sind wieder da. Die Lager kehren zurück. Denn mit dem Atomdeal hat Merkel Schwarz-Grün für die nächsten Jahre beerdigt.

Schwarz-Grün wäre das Bündnis des alten mit dem neuen Bürgertum gewesen, eine Art postideologische Idealkoalition. Daraus wird nichts, wie auch Merkels Attacke auf die Grünen als Fortschrittsfeinde verdeutlicht hat. Die Grünen sind zwar äußerst dehnungsfähig, aber wenn sie Merkels Atomdeal als Preis fürs Mitregieren akzeptieren würden, wäre ihnen ein FDP-artiger Absturz sicher.

So sieht man zwei politische Lager. Schwarz-Gelb steht für die enge Verflechtung mit der Industrie. Merkel will nicht das Ende des ökologischen Umbaus, aber er soll viel langsamer gehen und den Konzernen kein bisschen wehtun. Den Abbau der Staatsschulden bezahlen unter Schwarz-Gelb die Ärmeren. Das vollzieht sich nicht in einem Ruck, sondern im Zickzack.

Erst hat man das Schonvermögen für Hartz-IV-Empfänger erhöht, jetzt wird gekürzt. Kein Missverständnis: Schwarz-Gelb ist nicht, wie oft prophezeit, am Ende. Diese Regierung ist - die Aussetzung der Wehrpflicht zeigt es - durchaus modernisierungsfähig. Man sollte die Anziehungskraft ihres Programms auf eine verunsicherte Mittelschicht nicht unterschätzen.

SPD, Grüne und Linkspartei könnten dazu eine Alternative bilden: sozialer, ökologischer, konzernfern. Diese Lagerbildung ist für die politische Kultur ein Gewinn. Demokratie braucht Deutlichkeit. Was sie lähmt, ist der Mangel an Alternativen.

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Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.

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