Kommentar Malaria: Diese Seuche wäre besiegbar

Dass es die Seuche Malaria in ihrem gegenwärtigen Ausmaß überhaupt noch existiert, beweist das Fortbestehen kolonialen Denkens: Manche Völker sind wichtiger als andere.

Manchmal sind utopische Ziele die besten. Wenn die UNO anlässlich ihres Welt-Malaria-Tags verkündet, ab Ende 2010 solle kein Mensch auf der Welt mehr an Malaria sterben, ist das natürlich streng genommen kompletter Unsinn. Die meistverbreitete Tropenseuche der Erde lässt sich nicht einfach innerhalb von 1.000 Tagen aus der Welt schaffen. Eine Staatengemeinschaft, die nach sechseinhalb Jahren Krieg gegen den Terror noch nicht einmal Ussama Bin Laden gefunden hat, wird kaum in zweieinhalb Jahren sämtliche Mücken der Welt aufspüren und unschädlich machen.

Aber ohne den Anspruch, eine Seuche auszurotten, lässt sich weder der politische noch der finanzielle Wille dafür mobilisieren, wirksame Schritte in diese Richtung zu tun. Vor einigen Jahrhunderten noch war Malaria in Europa endemisch, von den Feuchtgebieten Süditaliens bis zu den Sümpfen Ostenglands. Schon die Herkunft des Worts - "schlechte Luft" auf Italienisch - zeugt davon, dass die Seuche nichts Exotisches hat, und beweist auch, dass Europäer keine Ahnung hatten, was sie eigentlich war. Aber seit dem 19. Jahrhundert, als der Malaria-Übertragungsweg sowie die erste wirksame Behandlung mit der Rinde des südamerikanischen Chinabaums entdeckt wurden, hat die Menschheit erstaunlich geringe Fortschritte dabei gemacht, die Malaria auch außerhalb Europas zu bekämpfen. Dass es die Seuche überhaupt noch in ihrem gegenwärtigen Ausmaß gibt, ist ein Relikt der kolonial-imperialen Ära, als manche Völker und Erdteile eben wichtiger waren als andere. Überwunden ist dieses Denken auch heute noch nicht.

Natürlich kann Malaria wirksam vorgebeugt und bekämpft werden, überall auf der Welt. Die von der UNO geforderten Mittel bis 2010, um den Tod von jährlich Millionen Menschen endgültig zu verhindern, entsprechen ungefähr dem Jahresgewinn eines gut gehenden multinationalen Pharmakonzerns und sind niedriger als die jährlichen deutschen Steinkohlesubventionen. Billiger lassen sich Menschenleben auf der Welt kaum retten.

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