Kommentar Schuldenbremse: Endstation Verfassungsgericht

Verworren und gleichzeitig zahnlos. Die Grundgesetzänderungen zur Schuldenbremse werden höchstwahrscheinlich vor dem Bundesverfassungsgericht landen.

Wie es aussieht, wird der Bundestag die Schuldenbremse am Freitag beschließen. Im Gegensatz zum gescheiterten Umweltgesetzbuch, zu der wackelnden Patientenverfügung oder der vertagten Wahlrechtsreform, die zuletzt dem Wahlkampf zum Opfer fielen. Auch die Länderkammer wird am Ende wohl zustimmen. Schließlich hat das Bundeskabinett am Mittwoch den Nachtragshaushalt mit der höchsten Neuverschuldung seit Kriegsende beschlossen.

Da ist das Versprechen ungemein beruhigend, dass die öffentlichen Haushalte vom Jahr 2020 an keine Schulden mehr aufnehmen - also zu einem Zeitpunkt, zu dem die heutige Politikergeneration im Ruhestand ist. Damit jeder daran glaubt, ändert die große Koalition gleich die Verfassung. Die Mehrheit dafür hat sie ja, auch wenn sie sich in der SPD-Fraktion nur mit der harmlosen Ankündigung erzielen ließ, über die Schuldengrenze für die Länder im Bundesrat noch mal zu reden.

In Kauf nimmt sie dafür die sprachliche Verunstaltung des Grundgesetzes mit einem Wirrwarr von neuen Bestimmungen, der im Druck fast so lang ist wie der Grundrechtskatalog in seiner ursprünglichen Form - und durch die Erlaubnis, im Abschwung weiter Schulden aufzunehmen, trotzdem zahnlos bleibt: Wer kennt schon im Voraus den Konjunkturverlauf?

In Kauf nimmt die Koalition auch die juristische Ungewissheit, ob der Bund das Haushaltsrecht der Länder ohne Weiteres beschneiden kann. Der Unernst der Debatte lässt sich etwa am Verhalten der großen Koalition in Schleswig-Holstein ablesen, die der Schuldenbremse im Bundesrat zustimmen will, gleichzeitig aber schon eine Klage gegen die Neuregelung beschlossen hat. So überlässt der Gesetzgeber die Entscheidung einmal mehr dem Bundesverfassungsgericht. Bis dahin zählt allein die Symbolik.

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