Kommentar Terrorwarnungen: Erstaunlich clevere Koalition

Die Union hält sich mit Forderungen nach Sicherheitspaketen zurück und versucht nicht, sich auf Kosten der FDP zu profilieren. Vermutlich ist das keine Einsicht, sondern Taktik.

Instrumentalisiert die Bundesregierung die Terrorwarnungen? Ja - aber anders als erwartet. Statt sofort über neue Sicherheitspakete zu feilschen, demonstriert sie besonnene Geschlossenheit und sammelt damit Punkte.

Natürlich hat auch Innenminister Thomas de Maizière eine Wunschliste in der Schublade, mit neuen Befugnissen für den Verfassungsschutz und die Polizei, etwa die Ausweitung der Onlinedurchsuchung. Doch er lässt sie erst mal stecken. Stattdessen sagt er Sätze wie: "Das ist jetzt nicht die Stunde, um auf dem Rücken dieses Themas rechtspolitische Auseinandersetzungen zu verschärfen."

Natürlich preschen einzelne Unionspolitiker trotzdem vor, vielleicht ist diese Arbeitsteilung sogar abgesprochen. Doch die Bild musste schon den knorrigen Norbert Geis (CSU) bemühen, damit überhaupt jemand Vorsorgehaft für islamistische Gefährder fordert. Früher kamen solche Vorschläge von Innenministern wie Otto Schily (SPD).

Und natürlich gibt es den Konflikt über die Vorratsdatenspeicherung. Die Union will sie nach dem Karlsruher Urteil vom März so schnell wie möglich wiedereinführen, Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) ist dagegen und spielt auf Zeit. Aber das ist ein Konflikt, den es auch ohne Terrordrohung gäbe.

Nein, die Union hält sich merklich zurück und versucht nicht, sich auf Kosten der FDP zu profilieren. Vermutlich ist das keine höhere Einsicht, sondern einfach taktische Klugheit. Vorstöße, die zu Querelen in der Regierung führen, nützen nur der Opposition. Die miesen Umfragewerte im ersten Regierungsjahr resultieren vor allem aus dem permanenten internen Streit. So macht die Besonnenheit in Zeiten der Terrorwarnungen parteistrategisch Sinn. - Uns kann das nur recht sein.

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Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).

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