KOMMENTAR STRESSTEST FÜR BANKEN: Falsche Entwarnung

Viel ist so ein Stresstest für Banken nicht wert. Hinterher ist man genauso schlau wie vorher. Folgenlos war der Stresstest dennoch nicht.

Die Banken können zufrieden sein mit dem Stresstest. Vom europäischen Aufsichtsgremium CEBS wurde ihnen nun offiziell bestätigt, dass nur ein einziges deutsches Institut eine neue Finanzkrise nicht überleben würde: die Hypo Real Estate (HRE).

Das war nun wirklich keine Überraschung. Seit Monaten wird daran gebastelt, HRE-Schrottpapiere in Höhe von 210 Milliarden Euro in eine eigene Abwicklungsanstalt zu überführen. Und selbst diese gigantische Rettungsaktion wird nicht reichen, denn auch das verbliebene Rumpfinstitut benötigt vom Staat weitere Milliarden Eigenkapital. Anders formuliert: Die HRE musste beim Stresstest schon deswegen durchfallen, weil man sonst am Verstand der europäischen Aufsicht gezweifelt hätte.

Was aber ist ein Stresstest wert, der nur die bekannten Problembanken ermittelt? Nicht viel. Von Jochen Sanio, Chef der deutschen Finanzaufsicht Bafin, ist der schöne Satz überliefert, er hätte "keine neuen Erkenntnisse" daraus gewonnen. Auf Banaldeutsch heißt das auch: Hinterher ist man genauso schlau wie vorher.

Trotzdem war der Stresstest nicht folgenlos. Denn er suggeriert, dass eine strenge Regulierung der Finanzmärkte jetzt nicht mehr nötig ist. Angeblich sind die Kreditinstitute ja für eine neue Krise gewappnet. Es ist bizarr: Die Banken haben sich am Anfang noch vehement dagegen gewehrt, die Ergebnisse des Stresstests veröffentlichen zu müssen - dabei stehen sie am Ende als die politischen Gewinner da.

Der Stresstest liefert den Banken die Bestätigung, dass ihr Eigenkapital ausreicht. Übersetzt: Die Banken dürfen weiter vor allem mit fremdem Geld operieren und sich wie Hedgefonds benehmen, indem sie mit geliehenem Kapital Eigenhandel betreiben und derart ihre Gewinne "hebeln". Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann muss sich also um seine Eigenkapitalrendite von 25 Prozent keine Sorgen machen. Genau deswegen ist der Stresstest so besorgniserregend.

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Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

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