Kommentar Bahnreform: Frontmann zwischen allen Fronten

Becks vermeintlicher Erfolg bei der Bahnreform zeugt von der Zerrissenheit der SPD. Und die Linke ist unversöhnlicher denn je.

Kurt Beck ist die Sabine Christiansen der SPD. Er redet viel, kompliziert, weitschweifig - und am Ende nicken alle Genossen verwirrt. So hat auch der SPD-Parteirat nun den Kompromiss zur Bahnreform abgesegnet, für den sich Beck starkgemacht hat. Glücklich sind die Sozialdemokraten deshalb nicht: Die Parteirechten um Finanzminister Peer Steinbrück haben nur zugestimmt, weil so der Einstieg in die Privatisierung geschafft ist. Und die schwachen Linken wagen derzeit noch keinen Aufstand, obwohl sie erst vor einem halben Jahr das Modell der Volksaktie auf dem Hamburger Parteitag durchgesetzt hatten.

Becks vermeintlicher Erfolg zeugt also nicht von der Geschlossenheit der Partei, sondern von ihrer Zerrissenheit. Der Kompromiss verdeckt, dass die SPD-Flügel so zerstritten sind wie seit Jahrzehnten nicht. Die sogenannten Modernisierer um Steinmeier und Steinbrück wollen schlicht die Politik von Gerhard Schröder fortsetzen: Hartz IV erhalten, Steuervergünstigungen für Unternehmen statt für Bürger, staatliches Sparen statt Investieren, Lohnzurückhaltung statt Lohnerhöhungen.

Ihnen stehen unversöhnlicher denn je die Linken gegenüber. Sie hatten nach Schröders Abgang eine Resozialdemokratisierung forciert.

In Hamburg setzten sie ja nicht nur die Volksaktie durch, sondern ein neues Programm, das sogar

die Perspektive eines "demokratischen Sozialismus" reaktivierte. Und das bedeutete auch: Eine gerechteren Verteilung des Wohlstands sollte wieder Ziel der SPD-Politik sein.

Pustekuchen. Seit dem Hamburger Parteitag gilt wieder der alte Gegensatz: hier Programm, da Praxis. Hier idealistische Linke, da pragmatische Realos. Dieser Konflikt bricht fröhlich in jedem

Politikfeld auf: von der Gesundheitsreform über die Rente bis zur Bahnreform. SPD-Chef Kurt Beck steht stets zwischen diesen Fronten, und das ziemlich allein. Sein Motto kann angesichts der verfeindeten Flügel nur "Versöhnen statt spalten" sein. Doch wie einst Johannes Rau wird er so im besten Fall bloß verhindern, dass die Partei auseinanderbricht. Das wäre schon eine beachtliche Leistung. Wahlen gewinnt er so jedoch nicht.

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