Kommentar Atomindustrie: Gut bezahlt ist halb entsorgt

Die Regierung beauftragt parteiische Gutachter. Deshalb wird das Ergebnis des Gutachtens sein: Atomkraft weiterlaufen zu lassen ist sinnvoll fürs Gemeinwohl und für die Volkswirtschaft.

Es gibt Lügen, Verbrechen und Statistiken. Mit diesem Spruch quittierte in der DDR das Volk den Versuch der SED, mit Planzahlstatistiken die Regale vollzuschwindeln. Auf die derzeit Mächtigen übertragen, muss der Spruch lauten: Es gibt Lügen, Verbrechen und Gutachten: Jenes Energiegutachten, das heute an die Bundesregierung übergeben wird, ist ein gutes Beispiel für die aktuelle Form von Volksverdummung.

Im Prinzip ist das Vorgehen richtig: Die Politik lässt sich von der Wissenschaft die Fakten herleiten und die Entwicklungspfade durchrechnen, um eine seriöse Grundlage für ihre Entscheidung zu haben. Das Prinzip ist aber Opfer der Arroganz der Macht geworden: Nicht nur, dass die Regierung den Gutachtern "Rahmenbedingungen" vorgegeben hat - also festgelegt hat, was nicht in der Empfehlung zu stehen hat -; die Regierung hat auch Gutachter beauftragt, die ohnehin parteiisch, weil gekauft, sind. So wird das Ergebnis des Gutachtens sein: Atomkraft weiterlaufen zu lassen ist sinnvoll fürs Gemeinwohl und für die Volkswirtschaft. An etwas anderem haben die Wissenschaftler auch gar kein Interesse. Schließlich wird das Institut von den Atomkonzernen RWE und Eon bezahlt - mit 4 Millionen Euro. Zudem stellen RWE und Eon im Verwaltungsrat des Instituts jeweils eines von sieben Mitgliedern.

Bei jeder Currywurstbude dieser Republik überprüfen die Behörden, wo und wie das Frittenfett entsorgt wird. Die Atomkraftwerke aber dürfen seit 44 Jahren Müll produzieren, ohne dass es wenigstens eine Idee gibt, wie dieser jemals entsorgt werden kann. Aber nun hat die Politik ja Wissenschaftler beauftragt, die in einem Gutachten prüfen sollen, ob Gorleben vielleicht nicht doch als Endlager taugt. Einer der Gutachter war mal Atomchef bei Vattenfall. Sie ahnen, was im Gutachten stehen wird?

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Seit 1998 bei der taz (mit Unterbrechungen), zunächst als Korrespondent in Dresden, dann als Wirtschaftsredakteur mit Schwerpunkt Energie, Klima und Landwirtschaft, heute Autor im Zukunftsressort.

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