Kommentar Waffenruhe: Israels Kapitulation?

Eine echte Friedenslösung wird es nicht geben, solange die Hamas Gaza beherrscht und solange sie nicht von ihren Zerstörungsplänen Israels abweicht.

Die Hamas wird belohnt. Sie stellt den Raketen- und Mörserbeschuss ein, dafür werden die Grenzen für Warenlieferungen aus Israel wieder geöffnet. Die Menschen im Gazastreifen können endlich mit dem Wiederaufbau der Infrastruktur beginnen. Sie werden Fensterscheiben ersetzen, die Löcher in den Wänden mit frischem Beton ausfüllen, und sie müssen vor allem nicht länger Luftangriffe und Panzerbeschuss fürchten. All das verdanken sie dem Versprechen ihrer Führung, Israel nicht mehr anzugreifen.

Die Leute in Gaza kehren zu einem annähernd normalen Leben zurück, also zu etwas, was die Palästinenser im Westjordanland schon lange haben. Der Wermutstropfen ist, dass die Hamas versuchen wird, die "Kapitulation" Israels als Erfolg ihres Widerstands zu vermarkten. Trotz des israelischen und internationalen Boykotts ist es ihr gelungen, den Gegner mit stetem Raketenangriff in die Knie zu zwingen, ohne dass sie selbst von ihrem politischen Programm abrückte. Israel blieb keine Wahl. Um seinen Bürgern im Süden Ruhe zu verschaffen, musste die Regierung in Jerusalem den Kompromiss eingehen und die Belagerung beenden.

Der innenpolitische Aufschwung der Extremisten fängt damit erst an. Auf dem Plan steht der Gefangenaustausch. Nicht weniger als eintausend palästinensische Häftlinge, darunter Terroristen schweren Kalibers, sollen für den entführten Soldaten Gilad Schalit gehandelt werden. Was der moderaten Führung in Ramallah in eineinhalb Jahren der Verhandlungen nicht gelang, erzwingt die Hamas mit Gewalt. Jede Einigung mit den Extremisten geht unmittelbar zu Lasten der Moderaten.

Woran es den Menschen in "Hamastan" im Gegensatz zu den Palästinensern im "Fatahland" mangelt - also in dem von der Fatah-nahen Autonomiebehörde kontrollierten Westjordanland -, ist die Perspektive auf eine echte Friedenslösung. Die wird es dort nicht geben, solange die Hamas Gaza beherrscht und solange sie nicht von ihren Zerstörungsplänen Israels abweicht. Um das Kräfteverhältnis für die Moderaten wieder günstig zu beeinflussen, muss ein klarer und rascher Fortschritt bei den Friedensverhandlungen her.

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1961 in Berlin geboren und seit 2021 Co-Leiterin der Meinungsredaktion. Von 1999 bis 2019 taz-Nahostkorrespondentin in Israel und Palästina.

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