Kommentar Hamburger Koalition: Kein Krach, nur Imagepflege

Die Grünen haben nach der Beendigung der Koalition in Hamburg nichts zu verlieren. Sie haben bewiesen, dass sie regierungsfähig sind. Aber noch nicht, ob sie verlässlich sind.

Nur raus: Die schwarz-grüne Koalition in Hamburg ist gescheitert. Bild: photocase/jottkah

Hat Ole von Beust das Ende vorher gesehen und sich gerade noch rechtzeitig vom Acker gemacht? Oder hätte das Regierungsbündnis in Hamburg gehalten, wenn der Erste Bürgermeister nicht zurückgetreten wäre? Diese Fragen werden in den nächsten Tagen unterschiedlich beantwortet werden. Von denen, die ein Interesse daran haben, den Schwarzen Peter weiterzureichen. Den meisten anderen ist klar: Es geht, ausnahmsweise einmal, nicht um Personen. Es geht auch nicht um politische Konzepte. Sondern einzig und allein um die Imagepflege.

Die erste schwarz-grüne Koalition ist vom kleineren Partner doch nicht deshalb gekündigt worden, weil es einen Grundsatzstreit gegeben hätte oder einen riesigen Skandal. Das Bündnis passt halt einfach nicht mehr in die Landschaft. Nicht in Hamburg - und schon gar nicht im Bund. Was haben die Grünen zu verlieren, wenn sie ein sinkendes Schiff verlassen? Nichts. Mit vergleichbar geringem Risiko ist kaum je eine Koalition vorzeitig beendet worden.

Das ist ein deutlicher Hinweis darauf, wie grundlegend sich die Situation der grünen Partei in jüngster Zeit verändert hat. Zur Erinnerung: Ole von Beust, der für die Grünen 2008 ein willkommener Partner war, hatte zuvor jahrelang mit dem halbseidenen Rechtspopulisten Ronald Schill koaliert. Seinerzeit störte das weder die grüne Basis noch deren Führungsspitze. Einzig die Signalwirkung zählte - dass nämlich auch mit den Schwarzen regiert werden konnte.

Das wurde bewiesen, und gegenwärtig haben es die Grünen nicht nötig, solche Signale auszusenden. Sie haben die Koalition in Hamburg aus einer Position der Stärke heraus beendet. Vermutlich bleiben sie in der Hansestadt auch nach Neuwahlen an der Regierung, und sollten die Unionsparteien im Bund keine Alternative haben, dann werden sie natürlich um die Grünen werben. Vielleicht mit kürzeren Laufzeiten für Atomkraftwerke?

Als der erste Koalitionspartner der Grünen, Hessens Ministerpräsident Holger Börner, das Bündnis nach nur eineinhalb Jahren 1987 mutwillig platzen ließ, da mussten sich die gebeutelten Grünen hinterher noch jahrelang mit der Frage herumschlagen, ob sie denn nun regierungsfähig seien oder nicht. Die Frage ist inzwischen beantwortet. Sie sind es. Was allerdings nicht zwangsläufig bedeutet, dass sie ein Profil haben. Oder gar verlässlich sind.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Jahrgang 1956, ist politische Korrespondentin der taz. Von 1996 bis 1999 leitete sie das Parlamentsbüro der Zeitung, vorher war sie sechs Jahre lang deren Korrespondentin für Ost-und Zentralafrika mit Sitz in Nairobi. Bettina Gaus hat mehrere Bücher veröffentlicht, zuletzt 2011 „Der unterschätzte Kontinent – Reise zur Mittelschicht Afrikas“ (Eichborn).

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.