Kommentar Stammzellenforschung: Keine Angst vor dem Designer-Baby

Menschliche mit tierischen Zellen zu verschmelzen kann wissenschaftlich sinnvoll sein. Unmoralisch ist diese Technik nur, wenn man meint, dass die Menschen die "Krone der Schöpfung" darstellen.

In Großbritannien hat das Parlament dafür votiert, dass Forscher Zellen von Menschen und Tieren verschmelzen und daraus Stammzellen gewinnen dürfen. Außerdem soll es möglich werden, sogenannte "Savior-Siblings" ("Rettungs-Zwillinge") auf die Welt zu bringen. Die Briten gehen damit einen mutigen Schritt voran. Denn menschliche mit tierischen Zellen zu verschmelzen kann wissenschaftlich sinnvoll sein. Erstens, um die Zelle an sich besser zu verstehen. Zweitens, um weniger auf Eizellspenden von Frauen angewiesen zu sein. Denn dies ist ein mühsamer Vorgang, wie oft gegen die Forschung vorgebracht wird.

Unmoralisch, wie die Gegner sagen, ist diese Technik nur, wenn man meint, dass die Menschen die "Krone der Schöpfung" darstellen und dass achtzellige "Menschen" mehr Schutz verdienen als etwa erwachsene Affen, die wie selbstverständlich für die Medizin ihr Leben lassen müssen.

Mutig ist es auch, "Savior-Siblings" zu genehmigen. Natürlich instrumentalisiert man ein Kind, wenn man es aus mehreren Embryonen so auswählt, dass es genetisch zum Geschwisterkind passt. Aber es geht schließlich um Kinder, wie sie auch zufällig zur Welt hätten kommen können. Heikel ist nur, dass man im Prinzip nach jeder Eigenschaft selektieren könnte: der Weg zum Designer-Baby ist kurz.

Es spricht für die Briten, dass sie schon Erfahrungen mit sechs solchen "Savior-Siblings" gesammelt haben, bevor das Unterhaus entschied. Und dass die Genehmigung enge Grenzen formuliert. Während sich das deutsche Parlament noch mit dem Versuch quält, Anschluss an die Forschung zu behalten, ohne sich die Finger schmutzig machen zu müssen, gehen die Briten die ethischen Fragen konkret und ohne Scheuklappen an.

Jede technische Revolution hat bisher unsere Maßstäbe verschoben. Auch Dampfmaschinen, Impfungen, künstliche Befruchtung oder der Computer sahen sich anfangs starken Widerständen ausgesetzt. Doch tradierte Maßstäbe reichen nicht immer aus: Willkommen im Jahrhundert der Lebenswissenschaften. MATTHIAS URBACH

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