Kommentar Studentenberg: Keine Peanuts für AbiturientInnen

Die Wissenschaftsminister vertagen das Problem der begrenzten Studienplätze - nur weil sie nicht bereit sind, Geld dafür auszugeben.

Kaum eine Bildungsreform der vergangenen Jahre ist so unpopulär wie das auf acht Jahre zusammengestauchte Turbo-Abitur. Dabei dürften die schlimmsten Folgen noch bevorstehen: mit den doppelten Abiturjahrgängen, die von 2011 an in den bevölkerungsreichsten Bundesländern an die Unis drängen. Und was macht die Politik? Sie verkennt die Brisanz des Problems. Mindestens 275.000 Studienplätze wären nötig - doch die zuständigen Wissenschaftsminister konnten sich nicht einigen. Entscheidung aufgeschoben.

Dabei kämpfen schon heute die Studierenden um Plätze an den Universitäten. Und weil sich die Hochschulen inzwischen die Bewerber selbst aussuchen wollen, kostet das Zulassungsverfahren einiges an Zeit und Nerven. Der Start eines bundesweiten Bewerbungssystems ist gerade erst auf Herbst 2011 verschoben worden - ob es dann auch funktioniert, weiß keiner.

Ähnlich ungesichert ist auch die Betreuung der Studierenden. Für hunderttausende zusätzliche Studenten braucht es auch tausende zusätzliche Dozenten und Professoren. Und Stellenbesetzungen an deutschen Unis ziehen sich hin. Soll heißen: Der Ausbau muss sofort beginnen. Denn ein Abiturientenhoch ohne genügend Studienplätze für alle wird die Konkurrenz noch mehr anheizen - und somit das Studium erschweren oder ganz vereiteln. Dann könnte sich Deutschland von seinem ohnehin nicht ambitionierten Ziel, 40 Prozent eines Jahrgangs sollen ein Studium aufnehmen, schon wieder verabschieden - und den Fachkräftemangel weiterverschärfen.

Doch: Selbst wenn der nun erneut vertagte Studienplatzausbau am Ende noch vorgenommen werden kann - die seit Jahren notwendige Verbesserung der Lehre an den Unis und Fachhochschulen wäre damit noch immer nicht realisiert. Sie würde freilich weitere Milliarden kosten, der Wissenschaftsrat spricht von 5,5 Milliarden Euro für die Jahre 2011 bis 2015. Geld, das die Politik nicht bereit ist auszugeben. Dabei wären es im Verhältnis zu den Milliarden für die Rettung von Banken fast schon Peanuts.

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Jahrgang 1979. War bis 2013 in der taz zuständig für die Themen Rechtsextremismus, Terrorismus, Sicherheit und Datenschutz. Wechsel dann ins Investigativressort der Wochenzeitung „Die Zeit“.

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