Kommentar EU-Notfallfonds: Kommission gegen Panik

Mit ihren Beschlüssen vom Wochenende hat die EU gezeigt, dass sie mit ihrer gesamten Wirtschaftsmacht dafür einsteht, kein Euroland pleite gehen zu lassen.

Es ist eine Sensation und nicht weniger. Während EU-Verhandlungen sonst Jahre dauern, brauchten die Regierungschefs an diesem Wochenende nur Stunden, um einen völlig neuen Rettungsmechanismus für notleidende Euroländer zu beschließen.

Die EU-Kommission darf jetzt bis zu 70 Milliarden Euro an Krediten aufnehmen, falls einzelne Staaten kein Geld mehr auf den Finanzmärkten erhalten - oder nur noch zu gigantischen Risikoaufschlägen. Zuletzt galten Portugal, Spanien, aber auch Italien als mögliche Pleitekandidaten.

70 Milliarden Euro sind eine enorme Summe. Trotzdem würde das Geld noch nicht einmal ausreichen, um den Kapitalbedarf von Spanien in diesem Jahr zu decken. Die EU ersetzt die privaten Investoren nicht - sie versucht, sie zu beruhigen. Es handelt sich also um eine Wette: die EU gegen die Finanzmärkte.

Aber diese Wette könnte aufgehen. Denn wichtiger als die konkrete Summe ist das Signal: Die EU hat gezeigt, dass sie mit ihrer gesamten Wirtschaftsmacht dafür einsteht, kein Euroland pleitegehen zu lassen. Sollten die Finanzmärkte weiter streiken und einzelnen Euroländern nicht trauen, würde die EU-Kommission eben noch mehr Kredite aufnehmen. Bis Ruhe eintritt und die Panik verebbt.

Vielen EU-Bürgern wird allerdings schummrig bei dem Gedanken, dass die EU-Kommission Kredite aufnimmt. Sie fürchten eine Inflation und überlegen schon, ob sie vielleicht Gold kaufen sollten.

Doch ist mit einer Geldentwertung nicht zu rechnen. Inflationen können nur entstehen, wenn das Warenangebot nicht mehr ausreicht, um die Käufernachfrage zu bedienen. Tatsächlich dürfte jedoch genau das Gegenteil eintreten: Weil durch die Sparauflagen in vielen Ländern die Löhne und die Renten fallen, wird weniger gekauft, bleiben die Firmen auf ihren Beständen sitzen.

Die Preise werden also sinken. Das Wort der Zukunft heißt: Rabatt.

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Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

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