Kommentar Waffen-Export: Konsequente Aufrüstung

Ausgemusterten Pistolen, die die Bundesregierung nach Afghanistan schickte, werden dort nun frei gehandelt. Erschreckend ist nicht die Lieferung, sondern die Naivität, die sie begleitet.

Nein, ein Skandal ist das nicht. Es ist nichts Unerhörtes, nichts Unerwartetes passiert. Es bedurfte keiner intimen Kenntnisse Afghanistans, um vorherzusagen, dass zumindest einige der 10.000 ausgemusterten Pistolen, die die Bundesregierung in das Kriegsgebiet Afghanistan schickte, irgendwann frei gehandelt werden würden - und damit möglicherweise in die Hände Aufständischer gelangen.

Skandalös wäre es, hätte ein Waffenschieber die Pistolen an deutschen Exportkontrollen vorbei nach Afghanistan gebracht und die Bundesregierung dies nicht verhindert. Das ist aber nicht passiert. Die Lieferung war ein bewusster politischer Akt. Und der Export war, betrachtet man die deutsche Afghanistan-Strategie, konsequent: Die Bundesregierung klammert sich bei ihren Plänen für das Land an den Aufbau einer afghanischen Armee und einer - paramilitärisch agierenden - afghanischen Polizei. Wenn das geschafft ist, so der Plan, kann die Bundeswehr abziehen. Eine andere Exit-Strategie liegt nicht vor.

Die Lieferung von Waffen, auch aus Deutschland, ist daher konsequent. Erschreckend ist deshalb nicht so sehr die Lieferung, sondern die offensichtliche Naivität, die durch diesen Waffenexport in ein Kriegsgebiet wieder deutlich wird. Wer meint, in Afghanistan könne man den sachgemäßen Umgang von tausenden Pistolen durch Endverbleibsbescheinigungen garantieren, der hat offenbar jeglichen Realitätssinn verloren.

Einen Skandal gibt es daher doch. Er liegt in der Konzeptionslosigkeit und Verlogenheit, die dem gesamten Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan zugrunde liegt. So wie man über Jahre bemüht war, die Konsequenzen einer Kriegsbeteiligung herunterzureden, so wird die Bundesregierung von nun an damit beschäftigt sein, die Folgen der eigenen Exit-Strategie schönzureden oder zu verschweigen. Und die heißt: Aufrüstung eines seit Jahrzehnten Krieg führenden Landes.

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