Kommentar Christliche Gewerkschaften: Lustiges Gewerkschaftssterben

Das Urteil des Arbeitsgerichts entlarvt das Dumpingmodell, auf das sich die Christlichen Gewerkschaften stützen. Doch der Schutz des "Equal Pay"-Prinzips bleibt vorerst ein Traum.

Das Bundesarbeitsgericht hat eine folgenreiche und sehr erfreuliche Entscheidung getroffen: Die Christlichen Gewerkschaften für Zeitarbeiter sind gar keine - Gewerkschaften. Aus Sicht der Richter genügen sie dem Mächtigkeitsprinzip nicht: Sie haben zu wenig Mitglieder, um in Verhandlungen ernsthaft Druck gegen Arbeitgeber aufbauen zu können.

Das Urteil entlarvt das Dumpingmodell, auf das sich die angeblichen Gewerkschaften stützen. Denn in der Realität agieren die Organisationen, die das Adjektiv "christlich" aus historischen Gründen im Namen tragen, unchristlich. Sie machen sich zu Erfüllungsgehilfen der Arbeitgeber, indem sie Niedrigstlöhne aushandeln und Tarifverträge der DGB-Gewerkschaften unterlaufen. Kein Wunder, dass Unternehmen ihre Gründung gern unterstützt haben.

Die Bigotterie rächt sich jetzt - zumindest im Bereich der Zeitarbeit. Auf die Firmen könnten Milliardenforderungen von Angestellten und Sozialkassen zukommen. Sie werden sich in Zukunft genau überlegen, ob sie mit dubiosen Scheingewerkschaften verhandeln wollen. Oder ob nicht doch der teurere, aber nicht angreifbare Tarifvertrag besser ist.

Gleichzeitig beleuchtet der Fall eine gesetzliche Lücke in der Zeitarbeit, mit deren Hilfe ihre Erfinderin, die rot-grüne Regierung unter Kanzler Schröder, Dumpinglöhne gefördert und das von der EU-verordnete "Equal Pay"-Prinzip zur Farce gemacht hat. Menschen bekommen so für die gleiche Arbeit überhaupt nicht das gleiche Geld - dafür haben bislang nicht zuletzt die "christlichen" Tarifverträgen gesorgt.

Ergo: Das "Equal Pay"-Prinzip muss vom Gesetzgeber geschützt werden. Solange Schwarz-Gelb regiert, bleibt das ein frommer Traum.

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Ulrich Schulte, Jahrgang 1974, schrieb für die taz bis 2021 über Bundespolitik und Parteien. Er beschäftigte sich vor allem mit der SPD und den Grünen. Schulte arbeitete seit 2003 für die taz. Bevor er 2011 ins Parlamentsbüro wechselte, war er drei Jahre lang Chef des Inlands-Ressorts.

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