Kommentar "Zug der Erinnerung": Peinlich und dumm

Eine aktive Unterstützung des "Zuges der Erinnerung" hätte dem Image der Bahn gut getan, so schmerzlich die Erinnerung an die Mitschuld der Reichsbahner in der Nazizeit sein mag.

Die Sprecher der Bahn sind in diesen Tagen nicht zu beneiden. Sie müssen eine Politik ihres sturköpfigen Chefs Hartmut Mehdorn nach außen vertreten, die beim besten Willen kaum zu verteidigen ist. Der Bahnchef will nämlich den "Zug der Erinnerung", der dem Gedenken an die im Holocaust deportierten Kinder und Jugendlichen gewidmet ist, von seinen prächtigen neuen Bahnhöfen fernhalten. Der Leiter des staatseigenen Unternehmens verursacht damit ein Desaster nicht nur für seinen Konzern, sondern auch für die Bundesrepublik als Ganzes. Dümmer kann man Vergangenheitspolitik nicht machen.

Sicherlich: Das Gebaren und die Forderungen der Initiatoren des Gedenkzuges sind anstrengend - und auch deshalb hat sich in den vergangenen Monaten die Atmosphäre zwischen den Gedenkzug-Betreibern und der Bahn immer mehr zerrüttet. Dennoch hätten die Verantwortlichen der Bahn AG schön längst über ihren Schatten springen müssen. Eine aktive Unterstützung des "Zuges der Erinnerung" hätte dem Image der Bahn sogar gut getan, so schmerzlich die Erinnerung an das Versagen und die Mitschuld der Reichsbahner in der Nazizeit sein mag.

Die Bahn hätte deutlich machen können, dass sie sich ihrer trüben Vergangenheit stellt. Aber dazu fehlte ihr der Mut. Und dass sie stattdessen eine mühsam erkämpfte Ersatz-Ausstellung "Sonderzüge in den Tod" über ihre Bahnhöfe touren lässt, geht angesichts des Streits über den "Zug der Erinnerung" vollends unter. Selbst schuld.

Der Bahn geht es bei all dem schon längst nicht mehr um die Sache, sondern nur noch um das letzte Wort. Das wird daran deutlich, dass das Präsidium des Bahn-Aufsichtsrats bereit ist, 100.000 Euro zu spenden für jüdische Organisationen - für den "Zug der Erinnerung" aber auf keinen Fall. Die Bahn fordert vom Gedenkzug in etwa diese Summe an Stand- und Trassengebühren bis zum Ende der Fahrt nach Auschwitz. Das ist so peinlich und empörend, dass man am liebsten den Rücktritt Mehdorns fordern würde. Nur hätte das bei diesem Sturkopf gar keinen Zweck. PHILIPP GESSLER

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.