Kommentar Finanzhilfen für Palästinenser: Placebo ohne Effekt

Die Welt ist in Geberlaune für Palästina. Doch Korruption, Reisesperren und innerpalästinensische Gewalt dürften die Effektivität der Finanzhilfen begrenzen.

Die Nationen der Welt, die in diesen Tagen großzügig in die Taschen greifen, um den Palästinensern zu helfen, machen es sich zu leicht. Denn sie ignorieren drei grundlegende Probleme, die verhindern, dass ihre finanzielle Hilfsbereitschaft zu einer echten Lösung des Konflikts beiträgt.

Da ist erstens die Korruption, die die Fatah schon bei den Wahlen 2006 scheitern ließ. Sie gehört noch immer nicht der Vergangenheit an. Der Wahlsieg der Hamas hat keine Reformen befördert, im Gegenteil. Denn um die Extremisten am Zugriff zu hindern, wurden die internationalen Gelder statt in den öffentlichen Haushalt wieder auf das Konto des Palästinenserpräsidenten geleitet. Das Parlament existiert nicht mehr als Kontrollinstanz - ebenso wenig die frühere Praxis, die Verwendung der Gelder transparent zu machen. Gerade um den Palästinenserpräsidenten innenpolitisch zu stärken, sollten die Geberstaaten auf eine palästinensische öffentliche Kontrollkommission beharren.

Zweitens sind da die Reisesperren. Die israelischen Trennanlagen hindern hunderttausende Palästinenser daran, ihrem Beruf nachzugehen. Die Hotels in Bethlehem bleiben selbst über Weihnachten leer, die Restaurants und das Casino in Jericho, das in guten Zeiten jede Woche mehrere Millionen US-Dollar umsetzte, sind vom Abriss bedroht, Felder liegen brach. Keine Finanzspritze könnte die Misere so nachhaltig verändern, wie eine Öffnung der Grenzen und die Verlegung der Trennanlagen dorthin, wo sie hingehören: entlang der Waffenstillstandslinie von 1967. Für beides Voraussetzung wären allerdings effektive Maßnahmen der palästinensischen Sicherheitsdienste gegen die auch im Westjordanland noch immer aktiven Terrorgruppen.

Drittens bleibt die Situation im Gazastreifen ein offenes Problem. Der fortgesetzte Boykott der Hamas und eine Aufbauhilfe, die im Grunde nur das Westjordanland meint, vertiefen die politischen wie ökonomischen Gräben zwischen dem Westjordanland und dem Gazastreifen. Doch solange die Palästinenser unter sich zerstritten sind, hat auch der Frieden keine Chance.

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1961 in Berlin geboren und seit 2021 Co-Leiterin der Meinungsredaktion. Von 1999 bis 2019 taz-Nahostkorrespondentin in Israel und Palästina.

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