Kommentar Iran: Radikal-Islamisten unter sich

Chamenei täuscht sich gründlich, wenn er glaubt, seine Gegner in Schranken weisen zu können.

Der Riss, der sich seit der Präsidentschaftswahl durch die Fundamente des islamischen Staates zieht, hat nun das Lager der Radikalislamisten um Revolutionsführer Ali Chamenei und Staatspräsident Mahmud Ahmadinedschad erreicht. Während der vergangenen Woche fuhr Chamenei alle Geschütze auf, um den trotzigen Staatspräsidenten zu zwingen, die Ernennung seines Vizepräsidenten Esfandiar Rahim Maschaie zu widerrufen.

Dabei ging es weniger um den umstrittenen Maschaie. Jeder im Land sollte erfahren, dass Chamenei immer noch Herr der Lage und imstande ist, seinen Willen durchzusetzen. Parlamentsabgeordnete, Freitagsprediger und Militärs erklärten ihre Loyalität, die rechten Zeitungen wiesen darauf hin, dass die Wahlbeteiligung von mehr als 80 Prozent der Berechtigten nichts anderes bedeute als die Zustimmung des Volkes zur islamischen Staatsordnung und zu Chamenei. Das sollten nicht nur die Reformer und die Millionen Demonstranten, die seit Wochen die Straßen säumen, sich hinter die Ohren schreiben, sondern auch der Staatspräsident, der - angeblich - in seinem Amt bestätigt wurde. Gerade der Präsident sollte sich von dem Sieg nicht täuschen lassen und durch eine öffentliche Brüskierung spüren, wer der Herr im Haus ist. Doch Chamenei täuscht sich gründlich, wenn er glaubt, seine Gegner in Schranken weisen zu können.

Dafür ist es längst zu spät. Weder Ahmadinedschad noch die Reformer werden sich Zügel anlegen lassen. Hinter den Reformern stehen Millionen, die, wie die letzten Wochen zeigen, selbst durch massives Aufgebot der Milizen und Polizei nicht zum Schweigen zu bringen sind. Und auch Ahmadinedschads Hausmacht sollte nicht unterschätzt werden. Er hat seit seiner Amtsübernahme den gesamten Staatsapparat militarisiert und Schlüsselposten mit Revolutionswächtern besetzt. Die Organisation ist dank Ahmadinedschad inzwischen nicht nur politisch und militärisch, sondern auch ökonomisch zur wichtigsten Wirtschaftsmacht des Landes geworden.

Revolutionsführer Chamenei scheint also den Blick für die Realität verloren zu haben. Nicht ausgeschlossen, dass er zum ersten Opfer des tobenden Machtkampfs wird.

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