Kommentar Moscheen-Schließung: Richtiges Verbot - doch keine Lösung

Es gibt gute Gründe, der Tätigkeit der 9/11-Moschee einen Riegel vorzuschieben. Das ist aber kein Angriff auf "die Muslime" in Hamburg oder in Deutschland.

Es mag manche verwundern, dass die Hamburger Moschee nicht schon viel früher geschlossen worden ist. Immerhin ging der Attentäter Mohammed Atta dort nachweislich ein und aus, weswegen nach den Anschlägen auf das World Trade Center die ganze Welt auf die Hansestadt und ihre Terrorszene blickte.

Doch während Deutschland in den Monaten und Jahren nach 9/11 wieder und wieder die Sicherheitsgesetze verschärfte und Antiterrordateien in großem Stil anlegte, ging der Betrieb in der Al-Quds-Moschee mehr oder weniger unbehelligt weiter. Einzige sichtbare Veränderung: Seit 2008 trägt das Gotteshaus den Namen Taiba-Moschee.

Dass der Innensenator nun doch tätig werden konnte, liegt wohl vor allem daran, dass sich im vergangenen Jahr wieder eine Gruppe von Islamisten in den heiligen Krieg aufmachte. Wiederum war laut Sicherheitsbehörden die Moschee am Steindamm zentraler Anlaufpunkt für die mutmaßlichen Dschihadisten. Einer von ihnen tauchte im Herbst in einem Terrorvideo aus dem pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet auf.

Die Politik hat also gute Gründe, der Tätigkeit der Moschee einen Riegel vorzuschieben. Und es ist auch kein Angriff auf "die Muslime" in Hamburg oder in Deutschland. Denn mit der Mehrheit der Muslime wollte die radikale Taiba-Gemeinde eh nichts zu tun haben - und die Mehrheit der Muslime nichts mit ihr.

Und doch sollte man sich nicht allzu viel erwarten von dieser Schließung. Denn wie Verfassungsschützer unter vorgehaltener Hand berichten, verlieren sie die radikale Szene nach einem Verbot eher aus den Augen. Versammlungsorte können also auch eine Art Guckloch für den Verfassungsschutz sein. Zudem beobachten Experten schon lange, dass Moscheen als Anlaufstellen für junge Menschen, die in den Dschihad ziehen wollen, an Bedeutung verloren haben. Wichtiger werden neben dem Internet hingegen Privatwohnungen, Sportstudios oder auch Gefängnisse.

Was Deutschland fehlt, ist eine umfassende Deradikalisierungsstrategie, die es nicht bei Verboten von einzelnen Treffpunkten wie der Taiba-Moschee belässt. Großbritannien ist da schon weiter. Dort scheinen die Berührungsängste aufseiten der Politik geringer, und ehemalige radikale Prediger, die inzwischen der Gewalt glaubhaft abgeschworen haben, kümmern sich um gefährdete Jugendliche. Warum nicht auch hier?

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Jahrgang 1979. War bis 2013 in der taz zuständig für die Themen Rechtsextremismus, Terrorismus, Sicherheit und Datenschutz. Wechsel dann ins Investigativressort der Wochenzeitung „Die Zeit“.

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