Kommentar Heirat mit Bruni: Sarkozy setzt auf sein Privatleben

Die Termine, die Frankreichs Präsident Sarkozy zur Bekanntgabe Privatereignisse wählte, sind symptomatisch. Die Ablenkungsmanöver werden das Misstrauen verstärken.

Nicolas Sarkozy hat am Samstag zum dritten Mal geheiratet. Na und? Ein Präsident hat ein Recht auf Trennungen, Flirten und Familie. Was Sarkozys Hochzeit dennoch zu einem Thema öffentlichen Interesses macht, ist er selbst. Denn der französische Präsident inszeniert sein Privatleben als Teil seiner politischen Karriere. Symptomatisch sind die Termine, die er für die Bekanntgabe der jüngsten drei privaten Ereignisse gewählt hat: Auf dem Höhepunkt des ersten nationalen und stark befolgten Streiks gegen seine Politik sozialer Streichungen gibt er im Oktober seine Scheidung bekannt. Am Tag nach dem umstrittenen Besuch von Diktator Gaddafi in Paris tritt er im Dezember öffentlich mit einer neuen Geliebten auf. Und am Wochenende vor der Versammlung des Kongresses in Versailles, der das "Non" der Franzosen "korrigieren" soll, organisiert er seine Hochzeit.

Das sind durchsichtige Ablenkungsmanöver. In jedem Fall kann Sarkozy gewiss sein, dass sein Privatleben die Schlagzeilen beherrschen und die anderen Themen in den Hintergrund drängen wird.

Solche Täuschungen funktionieren nicht langfristig. Vordergründig haben die Franzosen nur wenig Interesse an dem neuen EU-Vertrag gezeigt. Doch dahinter verbirgt sich das bittere Gefühl, dass "die da oben" - in Paris, Brüssel und Berlin - ohnehin tun, was sie wollen. Notfalls gegen das massive Wählervotum. Am 29. Mai 2005 haben die Franzosen eine EU-Verfassung abgelehnt. Am 4. Februar 2008 werden ihre Parlamentarier den Weg für einen EU-Vertrag ebnen, der zwar einen anderen Namen, aber einen kaum veränderten Inhalt hat. Da desavouiert ein Parlament das eigene Volk.

Zweieinhalb Jahre nach dem Elan, mit dem die Franzosen die erste populäre EU-Debatte seit den Römischen Verträgen geführt haben, wiegt das schwer. Das Privatleben von Präsident Sarkozy wird schon bald durch neue Turbulenzen neu bewertet werden. Aber die demokratische Frustration rund um den neuen EU-Vertrag wird bleiben und wachsen. Sie wird das Misstrauen der Basis gegen die Elite verstärken. Und sie wird das Vertrauen in die EU weiter aushöhlen.

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