Kommentar Integrationsgipfel: Schäuble schaltet, Böhmer verwaltet

Integration braucht Chancengleichheit, Gleichbehandlung und vor allem rechtlichen Rahmenbedingungen. Doch über die wurde beim Integrationsgipfel nicht geredet.

Ob der Nationale Integrationsplan der Bundesregierung die Situation der Migranten hierzulande spürbar verbessert hat? Dieser Beweis ist noch nicht erbracht. Daran ändert auch der Fortschrittsbericht, der jetzt beim dritten Integrationsgipfel im Kanzleramt stolz präsentiert wurde, wenig. Darin haben alle Beteiligten lediglich ihre eigenen Aktivitäten aufgelistet und sich selbst ein dickes Eigenlob bescheinigt. Besser wäre eine transparente und wissenschaftliche Evaluation, die nicht nur überprüft, ob Selbstverpflichtungen eingehalten werden. Sondern auch, ob sie ihren Sinn erfüllen.

Natürlich sind der Integrationsgipfel und der Nationale Integrationsplan für sich allein schon wichtig. Dass die Bundesregierung alle Beteiligten ins Kanzleramt geladen und endlich mit Vertretern der Migranten spricht, ist von großer Symbolik. Das Thema Integration wurde so auf die gesellschaftliche Tagesordnung gesetzt. Das ist gut. Aber für einen echten Wandel in der Integrationspolitik, den die Kanzlerin und ihre Integrationsbeauftragte versprochen haben, reicht das nicht.

Zur besseren Integration braucht es Chancengleichheit, Gleichbehandlung und das Recht auf gesellschaftliche und politische Teilhabe. Um das zu erreichen, müssen die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Integration mit in die Debatte einbezogen werden. Doch über diese Fragen durfte auf dem Integrationsgipfel schlicht nicht geredet werden. Und deshalb ist im Nationalen Integrationsplan auch weder vom Einwanderungs- noch vom Bleiberecht die Rede - und auch nicht vom kommunalen Wahlrecht, das für mehr politische Teilhabe doch wichtig wäre.

Wenn es ans Eingemachte geht, ist eben nicht mehr die Integrationsbeauftragte Maria Böhmer zuständig, sondern Innenminister Schäuble. Und der erschwert, aus sicherheitspolitischem Kalkül, den Familiennachzug, indem er das Zuwanderungsgesetz verschärft. Oder schafft mit einem Einbürgerungstest neue Hürden auf dem Weg zum deutschen Pass. Damit vergrätzt er die Migranten, die der Integrationsgipfel für gemeinsame Anstrengungen gewinnen will. SABINE AM ORDE

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Jahrgang 1966, Politikwissenschaftlerin und Journalistin. Seit 1998 bei der taz - in der Berlin-Redaktion, im Inland, in der Chefredaktion, jetzt als innenpolitische Korrespondentin. Inhaltliche Schwerpunkte: Union und Kanzleramt, Rechtspopulismus und die AfD, Islamismus, Terrorismus und Innere Sicherheit, Migration und Flüchtlingspolitik.

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