Kommentar Sparmaßnahmen Irland: Schulden? Ist doch egal

Irland und Griechenland sparen. Das kostet Wachstum, so dass noch stärker gekürzt werden muss. Die Wähler könnten sich bald fragen: Was soll der Unsinn?

Die Wut hat nun auch die Iren ergriffen. Wie in Griechenland sieht die Mehrheit nicht ein, warum sie für die Fehlspekulationen ihrer Banken und Regierung zahlen soll. Mittelfristig ist daher nicht ausgeschlossen, dass die Wähler in beiden Ländern ein extremes Experiment erzwingen: Lasst die Banken und den Staat doch einfach pleitegehen!

Das Kalkül wäre schlicht: Griechenland und Irland haben vor allem Schulden im Ausland. Da wirkt es verlockend, diese fremden Gläubiger auf ihren Forderungen sitzen zu lassen. Natürlich würde es auch für die Iren und die Griechen ungemütlich, wenn ihre Banken zusammenbrechen. Schließlich besitzt fast jeder ein Konto. Trotzdem könnte dieses Ende mit Schrecken irgendwann attraktiver erscheinen als ein Schrecken ohne Ende, bei dem der Staat immer neue drakonische Sparpakete auflegen muss.

Schon jetzt befinden sich Griechenland und Irland in einem typischen Teufelskreis: Die Regierung kürzt, was Wachstum kostet, so dass die Regierung noch stärker kürzen muss. Irgendwann dürften sich die Wähler fragen, was dieser Unsinn soll, und einen Kurswechsel verlangen.

Auch bei den EU-Regierungen hat sich längst herumgesprochen, dass beide Länder faktisch pleite sind. Bei Griechenland ist längst ausgeschlossen, dass es seine Schulden jemals vollständig zurückzahlen kann - und bei Irland müsste sich ein Wirtschaftswunder ereignen, womit ebenfalls nicht zu rechnen ist.

In beiden Ländern gehören deutsche Banken zu den wichtigsten Gläubigern. Sie würden Milliarden verlieren, wenn die Iren oder Griechen ihre Kredite nicht mehr bedienen. Manche Landesbank und die Hypo Real Estate würden diesen Schock nicht überstehen.

Dann erreicht die deutschen Wähler jene Frage, vor der Griechen und Iren schon stehen: Zahlen die privaten Gläubiger? Oder die Steuerzahler? Kanzlerin Merkel will diese Debatte erst ab 2013 führen - doch sie dürfte sich weit früher aufdrängen.

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Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

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