Kommentar Hausdurchsuchungen: Schutz der Zahnbürste

Das BKA plant, eines der letzten Tabus bürgerlicher Freiheit zu brechen. Das gilt es zu verhindern.

Stellen Sie sich vor, Sie kommen nach Hause. Der Sessel scheint aber nicht genau da zu stehen, wo er immer steht. Und die Zahnbürste liegt links vom Zahnputzbecher statt wie üblich rechts. War da etwa jemand in der Wohnung? Bisher konnte man ausschließen, dass die Polizei heimlich die Wohnung durchsucht hat, denn das darf sie bisher nicht. Die Hausdurchsuchung ist eine offene Maßnahme. Und wenn der Wohnungsinhaber zufällig abwesend ist, muss zumindest ein Angehöriger, Freund oder Nachbar hinzugezogen werden.

Diese Regelung der Strafprozssordnung gilt schon seit Jahrzehnten. Doch das Bundeskriminalamt will sie nun offenbar geändert sehen. Hausdurchsuchungen sollen künftig als "verdeckte Durchsuchung" auch heimlich möglich sein. Dies wäre ein größerer Tabubruch als vor zehn Jahren die Einführung des Großen Lauschangriffs zur Strafverfolgung. Denn das Abhören von Wohnungen mittels Wanzen war damals zur Gefahrenabwehr schon möglich, was von Befürwortern und Gegnern nur nie erwähnt wurde. Die heimliche Wohnungsdurchsuchung ist dagegen bislang generell verboten. Sie ist eines der letzten Tabus bürgerlicher Freiheit, das es deshalb um so vehementer zu verteidigen gilt.

Die Argumente für die heimliche Durchsuchung sind die gleichen wie für die geplante heimliche Ausspähung von Computer-Festplatten. Man würde gerne sofort wissen, was in der Wohnung zu finden ist, ohne aber den Verdächtigen und seine möglichen Hintermänner bereits zu warnen. Und wenn die Polizei sogar bald via Spionagesoftware auf Computer in der Wohnung zugreifen kann, warum sollte sie dann nicht erst recht mit einem Dietrich in die Räume eindringen und mal in den Schreibtisch und unters Bett schauen dürfen. Schließlich ist so ein Einbruch technisch ja viel einfacher.

Es ist aber schlicht nicht zumutbar dass Bürger immer, wenn die Zahnbürste mal falschherum liegt, an eine heimliche Hausdurchsuchung denken müssen. Solche unterschwelligen Gefühle der Verunsicherung müssen vermieden werden. Die eigenen vier Wände sollen soweit wie möglich ein Ort geschützter Privatheit bleiben.

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Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).

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