Kommentar CSU: Schwächeln und pöbeln

Das, was die CSU derzeit in Sachen Integration von sich gibt, ist reine Stimmungsmache. Das hat sie wohl auch nötig nach der Guttenberg-Blamage.

Als der neue Innenminister Hans-Peter Friedrich kürzlich erklärte, der Islam gehöre nicht zu Deutschland, da konnte man dies mit etwas gutem Willen für einen Irrtum halten: Der Mann hatte halt noch nicht verstanden, dass er nun als Minister redet, nicht mehr als CSU-Parteipolitiker. Diese Einschätzung war leider falsch: Die CSU meint es genau so, wie sie es sagt. Sie setzt auf krachende Symbolpolitik.

Nichts anderes bedeutet der Vorschlag des bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer. Er will Migranten per Verfassungsänderung zur Integration verpflichten, außerdem zum Bekenntnis zur deutschen Sprache. Das ist Stimmungsmache, eine "Wir gegen die"-Geste. Die Zeiten, als die CSU über die für Verfassungsänderungen nötige Zweidrittelmehrheit verfügte, sind zwar vorbei. Doch die CSU will die Bürger per Volksbegehren für ihre Kampagne mobilisieren. Es ist ein Novum in der Geschichte der Bundesrepublik, dass ein Ministerpräsident für eine politische PR-Kampagne mal eben so mit der Verfassung hantiert.

Der Zweck dieses Manövers ist durchsichtig. Die CSU ist nach Guttenbergs Abgang verunsichert, die Migrantenpolitik ist das nächstliegende Ventil, um Dampf abzulassen. Man erkennt darin das alte, trübe Muster jeder Identitätspolitik. Wir wissen nicht mehr, wer wir sind, deswegen sind wir umso härter gegen die anderen.

Dabei wirkt die Rolle des Einpeitschers, der der Basis sagt, wo es langgeht, bei Seehofer wie eine Maskerade. Der CSU-Chef ist ein politischer Spieler, wankelmütig in seinen Ansichten, giftig ironisch gerade gegenüber dem eigenen Lager. Als Leuchtfigur einer verunsicherten Partei ist er nur bedingt brauchbar. Gerade deshalb klingt bei Seehofer vieles wie eine Überkompensation, etwa die Kampfansage an Stasi-Kommunisten und die Grünen als Steinewerfer-Partei. So tönt eine Partei, der die Feinde abhandengekommen sind.

Das ist gewiss die unvermeidliche Hysterie einer früheren Staatspartei, die nicht begreift, dass es nie wieder so wird wie früher. Und mehr: Es ist rechter Populismus.

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Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.

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