Kommentar Stammzellforschung: Steigender Embryonenverbrauch

Künftig dürfen US-Forschungsinstitute neue embryonale Stammzellen herstellen und kriegen eine Menge Geld aus Obamas Konjunkturpaket. Das wird auch hierzulande Wogen schlagen.

Die Stammzellforscher in den USA jubeln. US-Präsident Barack Obama lockert die restriktiven Vorgaben für die embryonale Stammzellforschung.

Künftig dürfen auch Forschungsinstitute, die Fördermittel aus Washington erhalten, neue embryonale Stammzellen herstellen. Unter George W. Bush durften sie lediglich die vor 2001 hergestellten und registrierten Zelllinien nutzen. Damit wird die USA auch weiterhin ganz vorne bei der embryonalen Stammzellforschung mitmischen. Bereits kurz nach Bushs Abgang erhielt das kalifornische Unternehmen Geron erstmals die Erlaubnis, embryonale Stammzellen für Behandlungsversuche an Menschen einzusetzen.

Nun werden wohl viele Forschergruppen daran gehen, neue und vor allem eigene Zelllinien zu etablieren. Sie können damit nicht nur die Lizenzgebühren für fremde Stammzelllinien sparen, sondern auch eigene Zellen und daraus gewonnene Ergebnisse selbst zum Patent anmelden.

Für die Stammzellforscher in den USA fällt jedoch nicht nur eine Hürde, sie können nun auch mit einem extra Geldregen rechnen. Mehrere hundert Millionen US-Dollar aus Obamas Konjunkturpaket stehen jetzt für die "bisher verpönte" Stammzellforschung zur Verfügung. Der Preis, der dafür zu zahlen ist, wird ein sprunghafter Anstieg der "verbrauchten Embryonen" in den USA sein.

Aber auch in anderen Staaten wird Obamas Stammzell-Erlass Folgen haben. Der Ruf nach schnellem Abbau von Verboten wird in Ländern mit strengen Regeln für die Stammzellforschung zunehmen. Die technologiepolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Ulrike Flach, erklärte bereits, wenn selbst ein so tiefreligiöses Land wie die USA die embryonale Stammzellforschung unterstütze, würden die Argumentationslinien der Forschungsgegner zusammenbrechen. Doch eine neue Debatte über das deutsche Stammzellgesetz wird es vorerst sicherlich nicht geben. Vor allem die Unionsparteien können das vor der Bundestagswahl nicht gebrauchen. Danach könnte der Streit über die verbrauchende Embryonenforschung aber umso heftiger sein.

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Jahrgang 1955, war von 1993 bis Ende 2022 Wissenschaftsredakteur der taz. Er hat an der FU Berlin Biologie studiert. Vor seinem Studium hatte er eine Facharbeiterausbildung als Elektromechaniker gemacht, später dann über den zweiten Bildungsweg die Mittelere Reife und am Braunschweig-Kolleg die allgemeine Hochschulreife nachgeholt.

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