Kommentar zu Fluggastdaten: Überwachungsstaat lässt grüßen

Eine fünfjährige Vorratsdatenspeicherung von Fluggastdaten ist kein vernünftiger Kompromiss. Es ist eine unverhältnismäßige Überwachung ins Blaue hinein.

Angetrieben von Hardliner-Staaten wie Großbritannien und nach dem Vorbild der USA treibt die EU-Kommission das Projekt einer Vorratsdatenspeicherung für Fluggastdaten voran. Dieser Vorschlag stellt sogar die bisher bekannte Vorratsspeicherung für Telekomdaten weit in den Schatten.

An drei zentralen Punkten geht die Fluggastdatenspeicherung weiter als die Telekomvorratsspeicherung: Die Daten sollen fünf Jahre (statt sechs Monate) vorsorglich gespeichert werden. Die Daten sollen zentral beim Staat aufbewahrt werden. Vor allem aber sollen die Fluggastdaten permanent ausgewertet und verknüpft werden, um so überhaupt einen Verdacht gegen bislang unverdächtige Personen zu schöpfen.

Das ist nicht nur politisch ein qualitativ neuer Schritt zum Überwachungsstaat. Der Fluggastdatenvorschlag verstößt auch ausdrücklich gegen die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. Dieses hat im März 2010 die Speicherung der Telekomdaten im Prinzip gerade noch akzeptiert. Hier bahnt sich ein ernster Verfassungskonflikt mit der EU an.

In Europa sind viele offensichtlich berauscht vom US-Vorbild. Die USA speichern ja schon seit Jahren europäische Fluggastdaten und wertet sie aus. Dabei sitzen die USA am längeren Hebel und müssen sich von der EU keine Vorgaben machen lassen. Das rechtfertig aber noch lange nicht, amerikanische Maßstäbe nach Europa zu importieren. Es geht auch nicht darum, das US-Modell, bei dem die Daten 15 Jahre lang gespeichert werden, abzumildern.

Eine fünfjährige Vorratsspeicherung von Fluggastdaten ist kein vernünftiger Kompromiss, sondern eine völlig unverhältnismäßige Überwachung ins Blaue hinein.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.